Sonntag, 20. November 2016

510 Auf dem Weg von Admont nach Jerusalem

Auf dem Weg von Admont nach Jerusalem (vergleiche Bob Dylan; „Blind Willie McTell“) bin ich tief ins Abseits geraten. Es ist nur niemand da, der pfeift. Ich selber habe die Orientierung verloren.
Wo bin ich? Geht da noch ein Weg zurück? Ist das Spiel schon vorbei? Habe ich den Schlußpfiff verpaßt?
Ach, komm! Glaubst du im Ernst, du kannst sterben, ohne es zu merken? Angeblich soll es das geben. Ich kann es nicht recht glauben.

Egal! Vollkommen egal! Was kümmern mich Schiedsrichter, Abseits und Schlußpfiff. Ich gehe weiter, egal, in welche Richtung, egal, ob richtig oder falsch. Es geht nur ums Gehen. Richtig und falsch gibt es nicht. Ich bin endlich und umgeben von Unendlichkeit. Ich brauche nur weitergehen. Ich kann mich auch hinsetzen. Oder hinlegen und auf die Wolken oder die Sterne starren.
Nur nicht auf das Atmen vergessen, wenn du noch bleiben willst.

Meine Wege führen entlang der Musik. Dieser Baß …, diese Linie …, wie sich das Ganze hebt. Wie das klingt. … Und entlang der Trauer. Es ist viel Trauer in meinem Leben. Ich kann es und – ich glaube – ich will es nicht ändern. Denn es ist traurig, daß die Menschheit nicht im Paradieszustand lebt.
Sicher, ich „verweile“ bei dieser Trauer und nehme sie nicht als Herausforderung, aber „what shell's“ (hihihi).


Auf dem Weg von Admont nach Jerusalem schlaflos in Wien. Kalt wird es schon in der Wohnung. Die Heizung ist schon längst auf Nachtmodus. Ich sitze auf dem heruntergeklappten Klodeckel und schreibe. Ich will niemanden aufwecken. Unruhe hat mich erfaßt und ein seelisches Unbehagen.
Ich starre den Wäschekorb auf der Waschmaschine an und die zu einem Fünftel volle Waschmittelflasche, die volle Waschmittelflasche und die volle, billige Essigflasche – die ist meine Errungenschaft.
Die Ablenkung funktioniert nicht. Mir ist zum Heulen – wie immer nach Kaffeegenuß. Natürlich weine ich nicht, ein Gefühl von Schmerz, der hinaus will, sammelt sich jedoch hinter meinen Augen. Der Umkehrschluß ist nicht zulässig.
Ich hocke ganz zusammengekrümmt da. Und ich bin müde, sehr müde, aber schlaflos, unruhig. Enttäuschung ist auch dabei. Ich weiß nicht recht, worüber, dennoch, wundern tut sie mich nicht.
Die Küchenuhr tickt bis hierher. Es ist ein ruhigeres, satteres Ticken. Ein Geräusch, das ich nicht identifizieren kann, von dem ich nicht weiß, was es ist, übertönt nun das Ticken der Uhr. Ich muß mich darauf konzentrieren, um es zu hören.
Ich werde wieder zu schlafen versuchen.
Ah! Der Kühlschrank ist es.



(19./20.11.)









©Peter Alois Rumpf    November 2016    peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite