Dienstag, 1. November 2016

482 Bedingungsloses Grundeinkommen oder ich sterbe!

Durch mein Gesichtsfeld läuft quer ein unwirklicher grauer Balken von links nach rechts. Nur kurz. Oder auch von rechts nach links. Ich will mich jetzt nicht in Sprachzerlegungen verrennen – dafür bin ich im Moment zu verstört – aber ziemlich sicher kommt das „von links nach rechts“ aus mir – immerhin habe ich schon in meiner Kindheit immer von links nach rechts abgechristelt. Dieser graue Balken steht ja einfach kurz da, er verläuft nicht. Als nebelartiger Block erscheint er für einen Moment. Genauer kann ich es nicht sagen. Weil er da drüben beim Bücherregal wirklich nicht hingehört – das weiß ich schon, daß der nicht real ist – deshalb interessiert er mich. Mich interessiert das Unwirkliche. Das Wirkliche kann ich kaum noch ertragen. Aber auch das stimmt nicht. Ich kann zum Beispiel durch eine wirkliche herbstliche Landschaft wandern und glücklich sein. Also: wie ich wirklich bin, halte ich kaum aus. Es ist jetzt ein Moment, wo mir mein Scheitern und Versagen so deutlich vor Augen steht, daß es fast zu viel ist. Ich halte mich kaum aus.
Auch ich wäre manchmal gerne selbstverständlich. Ich möchte auch – wie ich glaube, daß das die meisten können – zum Kühlschrank gehen, den aufmachen und mir selbstverständlich etwas zum Essen herausnehmen. Einfach so sich selbstverständlich fühlen. Aber so fühle ich mich nicht. Selbstverständlich, das bin ich bis in die tiefste Seele hinein nicht. Ich bin fragwürdig. Als Existenz nur fragwürdig. Und das ist noch höflich ausgedrückt.
Wenn ich mir etwas aus dem Kühlschrank nehme, schwingt immer etwas mit wie: eigentlich steht es dir nicht zu. Deine Existenz ist nicht gerechtfertigt. Du bist nicht gut genug. Du hast dir das Essen nicht verdient. Du hast deine Lebensberechtigung noch nicht bewiesen - weder durch Tüchtigkeit, Schlauheit, Cleverness, Lebenswillen etcetera, noch durch gesellschaftlich anerkannte Arbeit, Erfolge, Siege und so weiter. Das alles fehlt dir; du bist ein Schmarotzer.
Vom ersten Moment meiner Geburt an über Kindergarten, Schule bis Döbereiner und heute herauf höre ich diese Stimme. Dieses Gefühl nagt ständig in mir und frißt mich von innen auf. Du bist nicht gut genug. Und diese Stimme wird besonders laut in Momenten, wo ich glaube, ich bin sie los. Gerade dann bricht sie wieder herein, reißt ein Leck in den Schiffsrumpf und das Boot bekommt Schlagseite.

(Bedingungsloses Grundeinkommen oder ich sterbe!)















©Peter Alois Rumpf      November 2016    peteraloisrumpf@gmail.com

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