475 Ihr Fell ist weiß
Schnelle Stimmungsschwankung. Zuerst fröhlich und voller
Elan, und ein paar Stunden später erschöpft und müde und innerlich zum Heulen.
Gut, das erstere war vor der Arbeit und das andere während, wo nichts ging und
ich mich erfolglos bemüht hatte. Es könnte auch der aufkommende Föhn mitgewirkt
haben. Das war gestern.
Heute bin ich von einem Traum erschüttert. Ein Maler, mit
dem ich einen Ausmalauftrag besprochen habe, hatte sein Gespann vorm Garagentor
meines Elternhauses abgestellt. Wir waren hier auf Urlaub und die Besprechung
mit dem Maler war gestern. Heute reisen wir ab und das Gespann steht immer noch
da. Der kleine Wagen ans Garagentor gequetscht, die zwei Tiere ganz ruhig. Ich
bin zutiefst erschüttert vom Gehorsam der Tiere – ich weiß nicht, ob es sehr
kleine Eseln oder Hunde sind. „Die haben jetzt vierundzwanzig Stunden nichts
zum Fressen und kein Wasser bekommen!“ Die sind die ganze Zeit dagestanden und
haben keinen Mucks gemacht. Nicht geschrien, nicht an ihrem Geschirr gezerrt,
nicht versucht, wegzugehen. Einfach still dagestanden, angeschirrt, stumm,
ergeben in ihr Schicksal. Das geht mir so nahe; selbst jetzt, eine gute Stunde
nach dem Traum, ist mir noch zum Heulen und das Bild dieser braven Tiere habe
ich immer noch vor meinem inneren Auge. Ihr Fell ist weiß, wie ich mich noch
erinnere.
©Peter Alois Rumpf Oktober
2016 peteraloisrumpf@gmail.com
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