437 Das Singen der Reifen auf dem Asphalt
Zum erstenmal höre ich hier den Verkehrslärm ganz deutlich.
Das Singen der Reifen auf dem Asphalt. Die Motorengeräusche sich überschlagen. Eine
fast unglaubwürdige Melodie. Klingt mehr wie eine Computersimulation. Oder gar
wie die Posaunen von Jericho, die die Stadtmauern umkreisen. Werden sie bald
fallen?
Es ist drei Uhr früh. Was ist bloß mit meinem Gehör los? Ich
höre so gut. Ich werde aufmerksam lauschen. Ein heimlicher, unbemerkter
Lauschangriff.
Ich höre im Lichtschacht einen richtigen Regen prasseln und
rieche den Duft der klaren, frischen Luft. Jetzt heult der Wind (Irgendwer oder
-was heult immer). Ich selber fühle mich noch ein wenig in mehrere Stücke
aufgeteilt, noch nicht ganz zusammen. Die verlorenen Erinnerungen aus einem
intensiven Traum treiben immer noch in meinem Bewußtseinsfeld, ohne daß sie in
mir den Traum hervorrufen. Der bleibt vergessen.
Draußen schüttet der Regen ruhig und meditativ; das Wasser,
das von den Dächern tropft, das führt dynamische, abwechslungsreiche Musik auf,
in interessanten Rhythmen. Jetzt heult wieder der Wind dazu. Ein barockes
Konzert aus einem morgendlichen Radio in einem der unteren Stockwerke steuert
auch Querflötentöne bei, die sich jedoch auch leicht wieder verlieren. Die
Intensitäten schwanken, jetzt gerade nehmen sie zu.
Polizei- und Rettungssirenen kommen direkt aus den
Querflöten heraus, kommen näher, werden lauter, verschwinden wieder und gehen
direkt in das Läuten der Türglocke über. Der Wind setzt neuerlich einen
besonderen Akkord.
Der Regen lässt nach, ich kann das Konzert aus dem Radio
hören, meine Gedanken sind aber bei den Innu und Inuit und meinen nie gemachten
Reisen.
Was mir noch auffällt: keine Flugzeuge bis neun Uhr
Vormittag zu hören.
©Peter Alois Rumpf September
2016 peteraloisrumpf@gmail.com
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