Dienstag, 6. September 2016

437 Das Singen der Reifen auf dem Asphalt

Zum erstenmal höre ich hier den Verkehrslärm ganz deutlich. Das Singen der Reifen auf dem Asphalt. Die Motorengeräusche sich überschlagen. Eine fast unglaubwürdige Melodie. Klingt mehr wie eine Computersimulation. Oder gar wie die Posaunen von Jericho, die die Stadtmauern umkreisen. Werden sie bald fallen?
Es ist drei Uhr früh. Was ist bloß mit meinem Gehör los? Ich höre so gut. Ich werde aufmerksam lauschen. Ein heimlicher, unbemerkter Lauschangriff.



Ich höre im Lichtschacht einen richtigen Regen prasseln und rieche den Duft der klaren, frischen Luft. Jetzt heult der Wind (Irgendwer oder -was heult immer). Ich selber fühle mich noch ein wenig in mehrere Stücke aufgeteilt, noch nicht ganz zusammen. Die verlorenen Erinnerungen aus einem intensiven Traum treiben immer noch in meinem Bewußtseinsfeld, ohne daß sie in mir den Traum hervorrufen. Der bleibt vergessen.
Draußen schüttet der Regen ruhig und meditativ; das Wasser, das von den Dächern tropft, das führt dynamische, abwechslungsreiche Musik auf, in interessanten Rhythmen. Jetzt heult wieder der Wind dazu. Ein barockes Konzert aus einem morgendlichen Radio in einem der unteren Stockwerke steuert auch Querflötentöne bei, die sich jedoch auch leicht wieder verlieren. Die Intensitäten schwanken, jetzt gerade nehmen sie zu.
Polizei- und Rettungssirenen kommen direkt aus den Querflöten heraus, kommen näher, werden lauter, verschwinden wieder und gehen direkt in das Läuten der Türglocke über. Der Wind setzt neuerlich einen besonderen Akkord.
Der Regen lässt nach, ich kann das Konzert aus dem Radio hören, meine Gedanken sind aber bei den Innu und Inuit und meinen nie gemachten Reisen.
Was mir noch auffällt: keine Flugzeuge bis neun Uhr Vormittag zu hören.

















©Peter Alois Rumpf    September 2016     peteraloisrumpf@gmail.com

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