430 Vielleicht
Der Wind schlägt mir einen Flügel des offenen Fensters zu,
der Krach weckt mich auf, gerade erst eingeschlafen reißt es mich wieder aus
dem Schlaf.
Jetzt warte ich auf eine Schreibeingabe, aber nichts kommt.
Es ist komplett ruhig draußen. Kein Wind. Dennoch hat die Nacht nichts
Anheimelndes. Ich fühle eine unangenehme Hitze im Kopf – nicht weiter schlimm,
aber störend.
Dabei liege ich wie in Versenkung; keine mystische, sondern
wie am Grunde eines Schwimmbeckens ohne Wasser, in dem ich mich provisorisch
eingerichtet habe. Gefangen. Der Heilige Geist kommt nicht. Wahrscheinlich
alles zu voll hier. Alles verstellt. Nur ein schwaches rotes Leuchten am Rande
des Schattens meines halbierten Daumens könnte von woanders kommen. Vielleicht.
Vielleicht auch nicht. Ehrlich gesagt, ich glaube nicht. Ich spiele mich nur
herum.
Vielleicht kann ich doch schlafen. Ich werde das Fenster
wieder öffnen, die Luft hier ist schon zu stickig.
Irgendetwas stimmt nicht mit meinem System. Eine leichte
Übelkeit. Wie nach einer zu
großen Anstrengung. Und unbeweglich bin ich, jede Bewegung fällt schwer.
Ich empfinde nichts, oder nichts Deutliches. Horch ich im
mich hinein, ist nur Unlust und frustrierte Empfindungslosigkeit zu spüren, die
aus dem manövrierunfähigen Suchapparat kommen.
Auch der Schrei eines Mannes aus dem Lichtschacht kann mich
zu nichts anregen oder inspirieren.
Meine Sünden meinen Kindern gegenüber fallen mir ein. Wie
sich doch die Muster wiederholen! Langsam löst ein deutlicher Schmerz die
frustrierende Empfindungslosigkeit auf. An einer kleinen Stelle fängt er an und
breitet sich über die ganze Seele aus. Jetzt kann ich durchatmen und seufzen!
Jetzt geht es mir besser!
Jetzt wandere ich im Geist Richtung Stallaalm. Kurz, dann
ist das Bild wieder weg. Bei diesem Wandern ist es um etwas ganz Entscheidendes
gegangen; was, das konnte ich bei der Schnelligkeit des vorbeiziehenden Bildes
nicht erfassen.
Das Bild eines Gefangenen taucht vor mir auf. Sein ganzer
Körper, auch sein Gesicht ist mit Tüchern bedeckt. Er ist gefesselt und er kann
nichts sehen. Vielleicht ganz undeutlich durch den Stoff. Er wirkt
schicksalsergeben. Er sieht für sich keinen Fluchtweg. Vielleicht kommt ihm
Flucht auch unehrenhaft vor, obwohl er es besser weiß. Er hat die
Definitionsmacht über sich verloren und resigniert aufgegeben. „Da wird nichts
mehr!“ denkt er.
Der Wind öffnet die angelehnte Tür und schleicht unsichtbar
herein. Er bringt einen Hauch Veränderung. Das bleibt jedoch weit unter der
kritischen Masse. Vielleicht
summiert es sich doch!
©Peter
Alois Rumpf August 2016 peteraloisrumpf@gmail.com
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