429 Und die Glagoliza?
Mein verschlafener, aber zu Aufmerksamkeit ermunterter Geist
sucht herum. Was war das gerade für ein Satz? Schon wieder weg. Vorher war noch
irgendein Gedanke über Drogen. Ungefähr: die Auswirkungen von Krieg sind
Drogen, Naja! Eine ziemlich schiefe Hypothese. Such was anders!
Ich liebe diesen Zustand nach dem Aufwachen wirklich. Der
Tag hat noch nicht richtig zugebissen, der Geist ist noch traumverloren, die Kontrolle
noch nicht auf vollen Touren, die Gedanken taumeln – einfach herrlich! Vor
allem: durch die Lücken des noch lahmen inneren Zensors rutscht einiges durch.
Und die Wahrnehmung ist noch nicht alltagsfest. Es geistern noch dunkle und
helle Farbflecken herum, an ungewöhnlichen Stellen, oder ein Leuchten an der
Spitze von gewöhnlichen Gegenständen.
Ich suhle mich fast bewegungslos in diesem Zustand, von den
Zimmerwänden eingehüllt und vom Surren um meinen Kopf. Lange kann ich so
verweilen. Fast jeder Gedanke verstolpert sich bei seiner Hälfte und
verflüchtigt sich verschämt. Jetzt bin ich plötzlich bei Jesus von Nazareth und
daß er aufrecht und souverän in den Tod gegangen ist. (Ich weiß schon,
Kreuzweg: „Jesus fällt das erstemal unter dem Kreuz; Jesus fällt das zweitemal
unter dem Kreuz, Jesus fällt das drittemal unter dem Kreuz ...“ Trotzdem.)
Eine gewisse Schadenfreude darüber, meinen LeserInnen dieses
Thema serviert zu haben, läßt mich innerlich kichern. Und dann tief durchatmen.
Wie wenn man an eine verlorene oder verpasste Liebe denkt. Ein unwillkürlicher,
tiefer Seufzer.
So! Jetzt wird das ein wenig zu viel! Anderes Thema suchen!
Wir bewegen uns im aufgeklärten Umfeld! (Guten Morgen, Zensor! Haben gut
geruht? Was wollen Sie denn schützen? Mich vor einer großen Traurigkeit? Der
Text soll lustiger sein? Aha! Gehts nicht doch um Vermeiden von möglichen
Peinlichkeiten? „So präsentiert man sich nicht im einundzwanzigsten
Jahrhundert!“? Eigentlich müßte es „im zwanzigsten Jahrhundert“ heißen;
Moderne, Aufklärung, Intellekt. Wohin das Einundzwanzigste geht, weiß noch kein
Mensch. - Okay! Schau'ma mal!)
Ja, jetzt wird es langsam Zeit für mein Tagewerk. Zuerst der
Hombre que corre, dann anziehen, ausnahmsweise gleich frühstücken? Und dann die
anderen Übungen und den Text schreiben? Sonst mache ich: schreiben, üben oder
üben, schreiben, Frühstück erst gegen zwölf. Ich bin heute aber schon ziemlich
hungrig. (Zensur: schreib nicht, daß du nach dem Essen meistens zu träge zum
Üben bist. Niemand braucht wissen, wie viel du … ißt! Gut, aber die nächste
Mahlzeit ist erst gegen siebzehn Uhr.)
Und die Glagoliza? Kann ich mit der punkten? Nein? Nein, mit
der Glagoliza kannst du hier und jetzt überhaupt nicht punkten.
©Peter Alois Rumpf August 2016 peteraloisrumpf@gmail.com
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