Freitag, 19. Februar 2016

299 Einuhrfünfundzwanzig

Einuhrfünfundzwanzig in der Früh. Sorgen haben mich in die Schlaflosigkeit getrieben und ich weiß nicht, wie ich jene loswerden kann. Aus Angst komplett die innere Orientierung verloren. Dabei bin ich müde. Plötzlich habe ich den Eindruck, daß es im Raum heller wird. Der Regen legt zu. Ich höre ein leises, fernes Rauschen; ich könnte es fast für Waldesrauschen halten, wenn ich will. Zum erstenmal in meinem Leben geht mir mein Surren auf die Nerven, mein armes, überanstrengtes Gehör, von der Headsetarbeit angegriffen.
Jetzt geht die blöde Lüftung im Lichtschacht los, okay, der Ton ist komplex und hat Schwingung. Bevor ich zu fluchen anfange mache ich Schluß.

Sechsuhrfünfundzwanzig. Von einem Albtraum in Angst versetzt und von düsteren Gedanken heimgesucht. Dabei innerlich ganz gefühllos und kalt, ohne jedes Mitgefühl. Die Panik pocht noch in meinem Inneren, wo genau kann ich nicht feststellen. Ums Herz herum ist es laut; die Ohren gehen über von Surren. Meine Angst ist irgendwie egoistisch. Bayern will seine Gebiete zurück; ich weiß aber nicht, was passiert ist. Im Meer drängen meterhohe Wellen ans Hafenbecken, an eine Überfahrt ist nicht zu denken. Der Stoff entgleitet mir dauernd den Fingern. Um mich herum herrscht große Unruhe, die aber ziemlich leise daherkommt. Selbst der geliebte Regen wirkt anders. Mir fallen immer nur die gleichen Blumen ein. Was wird da auf mich zukommen? Allmählich normalisiert sich der Ausnahmezustand, die Intensität des Alarms kommt mir jetzt durchschnittlich vor.
Meiner Seele ist immer noch speiübel, von Seekrankheit gezeichnet sucht sie abwechselnd Schutz und Frischluft. Mein dummer Verstand glaubt mir das alles nicht, aber auskennen tut er sich auch nicht. Ich imaginiere meine Kindheitskirche, und versuche, sie als Zuflucht zu nützen. Es scheint zu wirken, denn ich atme jetzt tiefer. Das Herz klopft noch, schnell, deutlich und heftig. Ich versuche vergeblich, irgendwelche Berechnungen anzustellen, mir ist entglitten, was ich ausrechnen will. Ein Regentropfen klatscht dröhnend laut an die Scheibe und ich schrecke aufgescheucht auf. Obwohl ich die Traumtür zudrücke, geht sie sofort wieder auf. Ich verliere die Lust zum Aufschreiben, ein fader Geschmack bleibt im Mund. Aus dem Lautsprecher ertönt eine erklärende Stimme, was sie erklärt, verstehe ich nicht. Ich zwing mich, das Schreibzeug beiseite zu legen. Ist es Versäumnisangst, die mich da abhält? Oder klammert's mich an die Schreiberei.

Die linke Hand an der Schnittstelle zwischen Oberschenkel und Rumpf abgelegt, die rechte nahe beim Herzen, so bin ich aufgewacht. Diesen Satz hab ich durch zwanzig Träume gerettet, dabei aber zweihunderteinundsiebzig andere verloren, genauso wie diese zwanzig Träume auch. Der Kollateralschaden ist trotzdem nicht groß. Ein paar Traumerinnerungen drängen noch heran, aber sie platzen nicht mehr auf, ich fühle sie noch, aber erinner mich nicht an den Inhalt. Dieser Vormittag wird anders als sonst, für die Routine fehlt mir die Kraft. Meine alte Ironie liegt mir schal geworden im Mund, nichtsdestotrotz werde ich ihr nicht entkommen. Die ersten Tagesschreie hallen herauf, das ist viel harmloser, als es klingt.

Hier bricht der Text ab.

Das möchte ich noch hinzufügen: Bald wird hier wieder Wäsche hängen; die Waschmaschine läuft schon.













©Peter Alois Rumpf  Februar 2016    peteraloisrumpf@gmail.com

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