Mittwoch, 17. Februar 2016

297 Zähnezusammenbeißen

In Polen mit dem Zug unterwegs, aber das Ziel vergessen und beim Umsteigen meinen Rucksack im Waggon. Alle Unterlagen hat meine Schwester, die fliegt jedoch zu diesem Workshop oder Kongress oder Treffen. Verwirrt und frustriert bin ich aus dem Traum erwacht und noch ganz in die Traumgefühle eingetaucht. Die Gefühle sind langsamer als die Bilder der Wahrnehmung. Außerdem kippe ich schon wieder in die Traumwelt zurück. Mein Gebiß schmerzt vor lauter Zähnezusammenbeißen.
Zurück im Traum vergesse ich alle Sätze und Bilder, wenn ich sie aufschreiben will. Mein Gebiß halte ich jetzt trotz aller Anstrengung locker.

Ich scheine mit den Falschen sprechen zu wollen, denn immer, wenn ich mich ihnen zuwende, lösen sie sich auf. Das wäre auch etwas für diese Welt – immer, wenn man von jemandem etwas will, verschwindet der in andere Welten; Begegnung ist nur in Absichtslosigkeit möglich, nur wenn man in sich selbst, in seiner Ganzheit ruht. Das wäre endlich ein revolutionäres Konzept. Wie kann ich es verbreiten?
Mit dem Von-den-andern-was-Wollen ist wieder die Anspannung in mein Gesicht zurück, ich habe gleich mit Loslassen reagiert. Auch diese schwächelnde Idee habe ich weggeschickt, noch dazu, wo mir bewußt wurde, daß es sowieso so ist: echte Begegnungen findet in Absichtslosigkeit statt, sonst verderben alles die Projektionen und Erwartungen und das konkrete Gegenüber verflüchtigt sich und nur die roboterhaft agierenden Hüllen und Masken bleiben vis a vis.

Hat die Anmeldung gestern funktioniert? - jetzt kommen schon die Alltagssorgen herein.
Ich strecke wohlig meine schmerzenden Glieder und auch meine Knochen erholen sich. Ich konzentriere mich kurz auf den Knochenmann in mir, aber wo ist seine Sense? Lehnt sie schon  irgendwo herum wie da drüben meine Walkingsstecken? Ich kann sie nicht finden, die Sense, mein Sense of Awareness reicht nicht aus.

Ja, über den Tod hinwegzublödeln wird dir genausowenig helfen wie irgendetwas anderes. Am Ende wird er dreinfahren.
„Marsch“, das Stück der Ruben-Fraga-Truppe fällt mir dazu ein. Vor beinah dreißig Jahren habe ich am Karlsplatz das Theaterstück gesehen und es beeindruckt mich noch immer. Wie es so harmlos beginnt und dann so ernst und steil wird; wie es eine solch erschütternde Atmosphäre erzeugt, obwohl es auf der Straße gespielt wird. Was die jetzt alle machen?

Diese Erinnerung hat mich hellwach gerüttelt, ein Zurückgleiten in den Traum ist nicht mehr möglich. Ich liege nur da und erhole mich. Dieses ewige Bedürfnis nach Erholung macht mir Sorgen, kommt es vom ständigen Zähnezusammenbeißen? Seit über sechzig Jahren?
Lassen wir es für heute gut sein.










©Peter Alois Rumpf  Februar 2016    peteraloisrumpf@gmail.com

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