289 Heute ist Sonntag
Heute ist Sonntag und ich schreibe nur, wenn mir etwas
inspirierendes zufällt oder ein Thema sich aufdringlich aufdrängt. Ich werde
mir heute sicher keinen Text aus den Fingern saugen. Und keine Scherze und
keine Wortspiele. Ich habe seit 1.3.2015 über zweihundert Texte geschrieben und
brauche keine Angst mehr haben, daß die Lust am Schreiben versiegt. Das ist
doch eine Grundlage. Außerdem ist heute sowieso wenig Zeit. Es ist früher
Morgen und ich nehme in meinen Eingeweiden ein leichtes Vibrieren wahr. Scherze
mit dem Eingeweihten verbiete ich mir.
Die schwere Stille nehme ich ganz leicht. Es ist Abend und
es dämmert bereits. Die schlanke Kerze hält ihre warmlichtige Flamme ruhig und
aufrecht und macht auf mich dabei einen stolzen Eindruck. Ich meine den guten,
edlen Stolz, wie er mir fehlt. Ich liebe diese Stunde, auch wenn mir der zu
Ende gehende Tag zusetzt, denn meine Ergebnisse heute sind – soweit ich es sehe
– gering. Ich weiß nicht, ob ich auch nur einen Zentimeter weitergekommen bin;
abgesehen davon, meinem Todesdatum einen Tag nähergerückt zu sein. Eine fast
verzweifelte Gleichgültigkeit macht sich breit; aber nur fast und nur kurz,
denn ich bin ganz ruhig und fromm. Ich schaue das Licht an und die Schatten und
atme. Und lausche auf die Geräusche innen und außen. Nein, Verzweiflung ist es
dezidiert nicht; ich winde mich nicht, werfe mich nicht hin und her, laufe
nicht im Kreis; ich sitze und blicke umher. Immer wieder schaue ich mich um.
Was ich sehe gefällt mir. Ich habe an nichts etwas auszusetzen. Das
Verzweifelte war kurz wie eine kleine Welle angerollt und ist wieder
verschwunden. Nein, es ist gut und schön und wahr.
Der hellgraue Himmel und die dunkelgrauen Wolken gehen eine
Symbiose eigener Art ein. Ohren und Kühlschrank singen ihre angenehm eintönigen
Surrelieder im Duett. Es fehlt mir nichts. Mit dem Umwerfen von Vorsätzen habe
ich kein echtes Problem.
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