Dienstag, 2. Februar 2016

283 Wundertäterfragment 4

Und wenn Wundertäter – als Zauberlehrlinge – vorher Wunder üben müssen, um dann so ein Superwunder vollbringen zu können? Wenn das gar nicht geht – nie ein Wunder und dann ein solches? Kann ich mich dann auf die literarische Freiheit ausreden?

Eventuell auch das Zitat von Nikolai Chardschiew über Charms für den Wundertäter verwenden: „Charms war nicht für diese Welt geschaffen. Er war zu zerbrechlich, zu zart“  (Wikipedia, Artikel über Daniil Charms). Andererseits aber ein kraftvoller Wundertäter. Verhältnis „göttliche“ und „menschliche“ Natur als Vorbild nehmen? Nicht getrennt und unvermischt? Nachdenken! Das Dogma lautet: unvermischt,  unveränderlich, ungetrennt, ungeteilt. Hm. Unveränderlich kann sich nur auf das strukturelle Verhältnis der beiden Naturen beziehen, nicht auf die menschliche Natur in ihrer Entwicklung. Egal! Lassen wir das vorerst. Ich kann ja schreiben, was ich will.

Änderung: Die „Himmelfahrt“ kann ruhig auch nach Amerika führen. Mein Sinneswandel kommt aus einer Erinnerung, die in mir hochgestiegen ist. Mir ist nämlich eingefallen, wie mir während meines Pariser Exils (Nummer 93 hier in der Schublade) in meiner Lieblingsbar – so eine Art Pariser Blue Box (vgl. Nummer 87 „Maler Krönchen“ hier in der Schublade) – eine amerikanische Studentengruppe begegnet ist, wo einer sich dann als mit russischer Abstammung outete, und ich ihn fragte, ob er die Werke Daniil Charms kenne. Der weinte fast vor Rührung und Glück, einen zu finden, der Charms kennt. Ich habe dann gleich für die ganze Gruppe und mich Wodka bestellt, aber sie wollten nichts trinken, weil sie am nächsten Tag etwas wichtiges vorhatten, auch der Russe wollte nicht trinken, aber ich habe bemerkt, wie er geschwankt ist und gern mit mir auf Charms angestoßen hätte; zuerst habe ich sie etwas gedrängt, aber, als ich dann seine Qualen sah, habe ich ihm versichert, daß alles okay ist und daß ich ihn verstehe und habe alle bestellten Wodkas alleine ausgetrunken. Oder haben sie meine erste Runde noch mitgemacht, aber bei der zweiten gestreikt? Egal! Also Amerika geht auch, obwohl mir die Unendlichkeit lieber wäre.

Noch eine Idee: der Wundertäter übt seine Wunder in anderen Dimensionen; ich habe ja am Anfang geschrieben, daß er „in den Himmel geholt“ wurde – Himmel als schlampiger Begriff für Jenseits oder andere Dimensionen der Wirklichkeit; schon eher dort wo die unterstützenden Kräfte wohnen. Vielleicht ist das die Lösung für das Lehrlingsproblem – nämlich daß der Wundertäter hier auf Erden kein Wunder übt, weil er seine Lehrzeit oben verbringt. Oder immer wieder zu den Kursen hinreist. Ja, das könnte gehen.

Geht dabei nicht die Grundidee von Charms verloren, wenn ich den Wundertäter eine Lehre im Jenseits machen lasse? Ja, sicherlich. Aber die Idee Charms' geht sowieso verloren, wenn ich die Geschichte schreibe, das ist unvermeidlich, daß sie sich verändert und auflöst. Erst recht, wenn ich ihn hier auf Erden schlußendlich doch ein Wunder vollbringen lasse.

Inwieweit ist das denn Ideendiebstahl? Diebstahl … nun, ich sage ja: diese Idee vom Wundertäter ohne Wunder habe ich von Daniil Charms aus seiner Geschichte „die alte Frau“ genommen. Gut, er kann sich nicht wehren. (Und seine Erben? Sein Verlag? Von rechtlichen Angelegenheiten habe ich keine Ahnung.) Und immerhin, er wird gerettet.
Ich kann ja, wenn der Roman ein Riesenerfolg wird und ich damit wohlhabend, einen ordentlichen Anteil am Gewinn Charms' Erben und/oder  einer unabhängigen Institution zur Förderung russischer Schriftsteller überlassen. Da läßt sich eine anständige Lösung finden. Wenn der Roman ein Riesenerfolg wird.

Frage an mich selber: glaube ich selber, daß der Roman ein Erfolg wird? Glaube ich mir das selber? Glaube ich es mir nicht? Kann ich glauben, daß ich mir das glaube respektive nicht glaube – weil ich es dahinter heimlich doch nicht oder doch schon glaube? (Achtung! Nicht in den K-Effekt abgleiten. Ulrich Freund, der K-Effekt. eine Kapitulationsurkunde. Vom Unvermögen, eigenes und fremdes Leid zu lindern. Achenbach Verlag; 1976).

Traust du dir das überhaupt zu, einen Roman zu schreiben? Kaum. Heimlich vielleicht doch. Das läuft wieder auf den K-Effekt hinaus! Das ist ja völlig wurscht! Ich bin ein alter Mann und kann schreiben was ich will. Möglicherweise bin ich auch ein gebrochener alter Mann mit angeknackstem Rücken – na, dann schreibst halt Bruchstücke! Wäre schon schön, wenn daraus ein wirklicher Roman entstünde. Das ja.

Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.
Ich soll in den Wundertäterfragmenten nicht so viel über mich schreiben, sondern über den Wundertäter.













©Peter Alois Rumpf  Februar 2016    peteraloisrumpf@gmail.com

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