Freitag, 5. Februar 2016

286 Ein dunkler Morgen

Die frische Morgenluft bei geöffnetem Fenster. Noch ist es finster. Die Minimal-Musik der von den Dächern fallenden und unten aufklatschenden Wassertropfen. Gerade hat es zu regnen aufgehört. Es riecht so gut.

Ein Fernseh-Kanal weit zurück in meine Kindheit tut sich auf; ich muß damals auch schon den Wassertropfen zugehört haben. Das Gefühl von einer Atempause in Not und Bedrängnis damals, trotzdem vertraut und Normalität vortäuschend, aber mit einem riesigen Reservoir an Hoffnung. Mein kleines, fernes Ich schaut mich fragend und bittend an. Ich spreche zu ihm, aber ich kann dem Kind nichts Tröstendes sagen. Es ist mit der Zeit nicht alles gut geworden. Ich stocke und suche nach Worten. Schließlich komme ich auf „wir haben bis jetzt überlebt“. Aber ich spreche es nicht aus; es muß etwas besseres geben. Das Kind braucht einen besseren Zuspruch. Ich suche herum und verliere den Kontakt. Es fallen kaum noch Wassertropfen. Ich kann nicht aussprechen, was ich wirklich denke: wir haben unsere Chancen verpasst. Ratlos und ängstlich lasse ich das alles sausen und atme die frische Luft ein. Ich werde das Fenster bald schließen. Ich bin distanziert und gleichgültig. Vielleicht habe ich in der falschen Gegend nach Worten gesucht. Das Fenster ist noch immer offen.

Mir fällt an der Wand meines Zimmer zum erstenmal ein überputztes Türchen auf, zu einem Rauchfang kann es nicht gehören. Was war es dann? Wie oft ich schon auf diese Wand geschaut habe! Was nehme ich eigentlich wahr? Ich schließe das Fenster. Ah! Der alter Gashahn! Dann habe ich es doch schon registriert, nur vergessen.

Es ist jetzt halb sechs in der Früh. Ich habe eine gute Stunde geschrieben.

Jetzt ist es neunzehn Uhr abends und mir sind die richtigen Worte eingefallen: Gott segne und behüte dich, Kind, und er lasse sein Angesicht über dich leuchten. Amen.
















©Peter Alois Rumpf  Februar 2016    peteraloisrumpf@gmail.com


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