224 Die blöde Jacke oder ich will nicht schreiben
Ich will nicht schreiben, aber meine
Jacke da am Kleiderhaken, mit dem angesteckten Frosch, hängt akkurat
und aufrecht an der Tür und schaut mich auffordernd an: „Na, was
ist?!“
Ganz ruhig und stur hängt sie da und
gibt nicht auf.
Wie immer, wenn man etwas Vertrautes,
etwas, mit dem man schon hunderte Male zu tun hatte, länger und
genauer anschaut, wird es einem zunehmend fremd. Ganz streng wirkt
sie. Tatsächlich, diese verdammte, fremdelnde Jacke fordert mich zum
Schreiben auf! Sie zwingt mich, mich ihr zu stellen und erlaubt mir
nicht, das Schreiben in einem Anfall von Gleichgültigkeit und
Selbstmitleid – ich bin ja so erschöpft – fallen zu lassen und
ein Bad zu nehmen. Sie hängt auf Konfrontationskurs. So etwas
Blödes!
Wahrhaftig, schön ist sie nicht. Sie hat wirklich etwas
Strenges, das nur durch den kindlichen Frosch, ein Geschenk meiner
Kinder aus ihrer Volksschulzeit, gemildert wird. Die Farbe und der
Schnitt erinnert an Militär. Das nächste Mal muß ich beim Einkauf
mehr auf die Farben achten.
Sie hängt an der Tür wie ein Wächter,
der mich nicht hinaus lassen darf. Bitte! Das gibt es doch nicht!
Welcher Geist will mich zum Schreiben zwingen? So toll sind meine
Texte auch wieder nicht, daß der Welt etwas verloren ginge, schriebe
ich sie nicht!
Oder ist es gar kein Welt- oder
Himmelsgeist, der in meine Jacke geschlüpft ist, sondern es sind
meine abgetragenen Erwartungen und Hoffnungen, die mein Körper und
meine Seele ausgedünstet, ausgeschwitzt haben und die meine Jacke
aufgesogen hat, die mich vorantreiben wollen? Schreiben, meine letzte
Hoffnung? Ich habe schon unzählige letzte Hoffungen gehabt, die sich
alle nicht erfüllt haben, und lebe trotzdem noch. Diese
Schmierenkomödie kann ich doch nicht wirklich ernst nehmen! Und daß
ich so tief sinken werde, über Jacken zu schreiben, habe ich auch
nicht vorgehabt. Nein! Ich stehe jetzt auf und lasse mir ein Bad ein.
Und Schluß! Aus!
©Peter
Alois Rumpf November 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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