Donnerstag, 29. Oktober 2015

217 Vier kleine Momente


Der Wind fährt durch die Essigbäume und reißt die gelb gewordenen Blätter los. Einige schleudert er hoch in die Luft. Er biegt den Weidenbaum und hält ihn einen Moment lang unten, ehe er ihn wieder losläßt.
Und jetzt wieder die Essigbäume; majestätisch und kraftvoll wiegt der Wind sie hin und her. Knapp vorm Fenster, aus dem ich schaue, steigen ein paar Blätter hoch. Immer mehr Blätter steigen im kleinen Hof herauf, aber ich sehe nur vereinzelt welche wieder hinunterschweben.


Mich fällt eine große Müdigkeit an. Ein leichtes Ziehen und Zerren geht über mein Gesicht. Mein Mund, meine Lippen scheinen ein inneres Eigenleben zu führen. Ich mag es nicht mehr, vom Surren in meinem Gehör zu schreiben. Ich spüre mein Herz arbeiten. Dort hinzufühlen habe ich ein wenig Angst. Das Elektrokabel vollführt eine schöne Serpentine, in einer eleganten Bewegung stehen geblieben. Lesebrille und Müdigkeit trüben meinen suchend umherschweifenden Blick.


Kurz ist am Rand meines äußeren oder inneren Gesichtsfeldes – so genau weiß ich das nicht – der Kopf einer fremden Gestalt aufgetaucht; das Gesicht zunehmend in eine schwarze Maske verwandelt und gleich wieder verschwunden.


Das leise ferne Wummern einer Maschine klingt fast wie das Hintergrundrauschen, das allem Dasein unterlegt ist, nur eine beinahe unmerkliche Rotation darin enttarnt es als Produkt eines Motors.
Aber jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, vielleicht kommt die Rotation doch aus meinem Inneren und ist ein tieferliegender Aspekt meines ständigen Surrens. Die Ohren fühlen sich an wie aufgeblasen, wie angefüllt mit Bällen aus komprimierter Luft.
Die Augen fallen mir zu vor Müdigkeit, während meine Seele vom letzten Traum noch aufgescheucht ist, in dem ich aus meiner Substandardwohnung vertrieben wurde.
Auch mein Herz arbeitet, aufgeregter als es mir sonst aufgefallen wäre.
Ein kleines Motorflugzeug zieht einsam durch den nächtlichen Morgenhimmel; ich habe es deutlich gehört.
Mein Körper bewegt sich von der Schwerkraft angezogen immer mehr nach links, der Kopf wird immer schwerer; mir kommt vor, bald kippe ich wirklich um. Erst dann merke ich, daß es mein „innerer“ Körper ist. Der physische Körper hat sich nicht bewegt.













©Peter Alois Rumpf Oktober 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

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