212 Stillstand
Zwei Krähen sausen in der Luft herum
und sind schon wieder verschwunden. Eintönig grauer Himmel. Manchmal
ganz leichter Wind.
Pullover und Westen am Wäscheständer,
Handtücher, Bettzeug trocknet auf der Wäscheleine.
Der Planschrank in der Ecke, darüber
die Zeichnung vom alten Rathaus in Kapfenberg an der Wand.
Die Bäume stehen da und schauen
herein, als wären sie Kundschafter einer eigenen Macht, gerade erst
um die Ecke gekommen, als Riesen natürlich. Ich fürchte mich nicht.
Sie wacheln mit ihren Zweigen, als sagten sie „nein, nein, du
brauchst dich wirklich nicht zu fürchten“.
Es ist alles ganz friedlich, aber
irgendetwas kommt mir unrund vor. Eher etwas in mir selbst. In den
Ohren surrt es wie zum Alarm. Aber alles ist ruhig. Nichts geschieht.
Zuerst glaubte ich, eine ungeheuerliche Frustration in mir, ganz weit
unten, aufgespürt zu haben, aber das hat sich schon längst wieder
verflüchtigt, wurde nicht greifbar, ist nicht sichtbar geworden.
Die weißen Rauchfänge draußen stehen
akurat da, fest, genauso fest liegen die Dächer da, mit ihren
dunklen Schattenlinien, die sich zwischen den Dachziegeln horizontal
hinziehen, beim einen Dach in ziemlich geraden, schönen, graphisch
anmutenden Linien, beim anderen in starren Wellen.
Es ist wie Warten.
Jetzt sind wieder die zwei Krähen
aufgetaucht, haben sich kurz auf einen der Rauchfänge gesetzt und
sind dann gleich weitergeflogen.
Nein, ich bin nicht zufrieden. Nicht
mit dem Text, mit allem anderen auch nicht. Etwas ist unrund.
Irgendetwas ist nicht an seinem richtigen Platz. Ich kann es nicht
finden, nicht benennen. Ich seufze. Ich warte, ich schaue mich um.
Ich seufze. Aber es will sich keine Erleichterung einstellen.
Man kann nichts sagen, alles scheint zu
passen. Aber es passt nichts. Jetzt kommt etwas Wind auf, ich kann es
an den Bäumen draußen ablesen. Keine große Kunst, nicht wahr?
Und wieder ist es ruhig. Der Himmel
grau, einheitlich, ohne daß ich im Grau unterschiedliche Abstufungen
einzelner Grautöne ausmachen kann. Starre ich länger in dieses
Grau, scheint es weißer zu werden und blendet mich leicht. Das wird
die Kraft des Sonnenlichts dahinter sein, vermute ich.
Immer noch Stillstand. Vage
Kindheitserinnerungen und Gefühle aus der Kindheit umkreisen mich,
jedoch ganz verschwommen, nicht fassbar, wie Erinnerungen an
vergessene Träume. Kurz taucht etwas sozusagen am Rande des
Gesichtsfeldes auf, scheint ganz klar zu sein, und ist gleich weg,
wenn ich meine Aufmerksamkeit darauf richte. Verscheucht.
Irgendwelche Szenen, wo ich mich in eine Kuhle, ein „Nest“ gelegt
habe beim Spielen. Ist das wirklich geschehen? Oder habe ich es mir
ausgedacht? Gewünscht? Ich weiß es nicht. Wieder seufze ich.
Ich komme damit nicht weiter. Es schaut
so aus, als wäre nun die Chance, auf etwas Wichtiges zu stoßen,
wieder vorbei. Meine Pirsch ergebnislos.
Jetzt ist ein Vogel durch das Blattwerk
gestoßen und direkt in meine Richtung geflogen, vorm Fenster
natürlich hoch auf das Dach. Plötzlich, überraschend, sehr
schnell. Kleiner als eine Krähe. Möglicherweise ein Amselweibchen,
denn schwarz was es nicht.
©Peter
Alois Rumpf Oktober 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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