202 Freitag
Die fernen Kirchenglocken höre ich bis
in meinen Schlaf. Sie rufen mich. Ich fühle, daß sie mich rufen.
Eine leichte Wehmut und ein leichter Schmerz ziehen durch meine
Seele. Wie beim Gedanken an eine gescheiterte Liebe. Sei's drum! Es
ist vorbei. Ich wundere mich und schüttle den Kopf und wende mich
neuen Abenteuern zu. Meinen neuen Liebesgeschichten.
Der Schmerz in meinem Kreuz sitzt einem
strahlend blauen Himmel gegenüber. Komuskra tengri. Langsam biegt
ein sanfter Wind den Weidenbaum nach rechts, nicht ruckartig, sondern
stetig, zart und dennoch kraftvoll. Dann läßt er ihn wieder in die
Aufrechte zurückgleiten. Dann wiegt er alle Bäume hin und her, wie
in einer Liebkosung. „Der Wind, der Wind, das himmlische Kind!“
„Himmel und Erde vereinigen sich.“
Die wiegenden Bäume scheinen keine
Kreuzschmerzen zu kennen, sie verhärten sich nicht in falschem
Widerstand. Sie geben sich dem Wind hin, aber unterwerfen sich nicht.
Ist es wrklich so?
Was will mir mein Kreuz sagen? In
diesem Kreuzschmerz werde ich nicht siegen? Bei diesem
Kreuzworträtsel finde ich keine Lösung.
Lebhaft bewegen sich die Bäume. Sie
scheinen mir irgendeine Erleuchtung zuzufächeln, aber ich sitze
verständnislos da. Ein kleines Ästchen strengt sich besonders an
und winkt mir heftig zu. Ich verstehe nichts. Ich schaue drein wie
ein dumber Tor. Die ganze Welt weiß es, hat es verstanden, nur ich
nicht.
Bevor sich der Frust verfestigt, muß
ich lächeln. Wie kann ich nur so vernagelt sein ?! Ich schüttle
meinen Kopf. Wie sehr kann man sich gegen die Erleuchtung wehren!
Trotzdem bin ich im Frieden mit mir.
Das ist ja alles ganz normal. „Aniada a noar!“ Ein jeder ein
Narr. Ein tiefer, erleichternder Seufzer entströmt meiner Brust. Ich
kann immer noch lächeln. Das tue ich doch gern.
©Peter
Alois Rumpf Oktober 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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