194 Haus am Land
Ich liege mit geschlossenen Augen auf
dem Rücken. Was sehe ich vor meinem inneren Auge?
Einen alten Bauernhof auf einer Anhöhe.
Auf zwei seiner Seiten wächst ein stiller Wald. Im Norden bis
einigermaßen nahe an des Haus heran. Dieser Wald zieht sich weiter
einen sanften Berg ansteigend nach Norden hin. Im Westen hält der
Wald Abstand und läßt noch dem ehemaligen Wirtschaftsgebäude, einem
Obstgarten und einer Wiese Platz. Nach Süden hin ist der Blick
offen, denn es senkt sich ein schöner Abhang hinunter in das Tal,
das sich selber wiederum nach Süden verbreitert und eine in der
Ferne glitzernde Ebene ahnen läßt. Diese südliche Wiese vorm Haus
ist nur mit wenigen Büschen und kleinen Bäumen und Baumgruppen
besetzt, weiter unten sieht man auch Felder; ein schmales,
langgezogenes Maisfeld ist mir aufgefallen. So kann der Blick
ungehindert bis in die ferne Ebene schweifen. Dicht beim westlich des
Wohnhauses gelegenen Stallgebäude, auf seiner Südseite, ein voll
entfalteter Holunder, im Hof zwischen Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude
eine große herrliche Linde. Im Nordwesten – vom Wohnhaus aus
gesehen – im respektvollem Abstand – eine kleine Gruppe weißer
Birken. Hier rückt der nördliche Wald weiter den Hang hinauf und
gibt so eine Wiesenfläche frei, in Form einer Bucht. Im Osten
wächst, blüht und gedeiht ein Garten, zum Teil mit einem schlichten
Holzzaun geschützt. Der Ausblick nach Osten geht hinter dem Garten
auf eine sanfte Hügellandschaft, mit einzelnen Bäumen und
Baumgruppen bestanden, auch kleine Wäldchen, ansonsten Wiesen und
Felder. Auch hier im Osten geht eine Leite in den Graben hinab, der
den nächsten Hügel vom Anwesen trennt. Die Hügel im Osten sind
alle niedriger als die Anhöhe, auf der der ehemalige Bauernhof
steht.
Das Wohnhaus, das von außen ziemlich
traditionell wirkt, ist im Inneren sanft modernisiert.
Fußbodenheizung und schlichte, moderne, schöne Kachelöfen der
Werkstatt Jürgen Rajh. Die Küche hat kleine, niedere Fenster nach
Norden und Osten, man schaut zum Garten und zum sanften Hang zum Wald
hinauf. Hier fühlt man wirklich das Haus in die Landschaft
hineingebettet. Die Wiese scheint fast bis zum niederen Fensterbrett
zu reichen. Die Küche beherbergt einen natürlich funktionstüchtigen
Herd mit Backrohr und Wasserkessel. In der Nordwestecke an den Wänden
Bänke und ein schlichter, strenger, aber massiver Holztisch und
Sesseln.
Das zweistöckige Wohnhaus ist groß
und geräumig und hat im oberen Geschoß Schlafkammern, eine einfach
und praktisch eingerichtete Schreibstube mit großem Schreibtisch und
Stehpult, Fenster nach Süden und Osten.
Unten ein Wohn- und Musikzimmer – die
frühere große Stube. Die Einrichtung ist nicht rustikal, obwohl
viel einheimisches Holz verwendet wird für Möbel, Bänke und
Holzvertäfelungen. Die Holzverarbeitung ist von schlichter, strenger
Schönheit und schnörkellos. Die Wände müssen ihr Alter nicht
verstecken und sind weiß gestrichen.
Betritt man das Haus, befindet man sich
in einem geräumigen Vorraum, mit einfachen Bänken zum Hinsetzten
beim Schuhe Aus- und Anziehen und vielen vielen Haken an der Wand mit
aller möglichen Kleidung für Garten, Arbeit, Regen und „normal“.
Das ehemalige Stall- und
Wirtschaftsgebäude ist zu einem Riesenatelier ausgebaut, mit
Badestube und einen Übungsraum, zum Beispiel für Tensegrity, Yoga
oder Fitnesstraining. Ob der Übungsraum im Unter- oder im
Obergeschoß ist, weiß ich noch nicht. Jedenfalls gibt es auch hier
Gästezimmer und unter dem Dach einen Trockenraum für Kräuter.
Es gibt noch ein altes, kleines
freistehendes Wasch- und Badehäuschen mit Brunnen, das
möglicherweise zu einer Sauna umgebaut werden könnte.
Es gäbe noch einiges zu diesem Anwesen
zu sagen, aber jetzt bin ich schon etwas müde geworden. Der Garten
ist zum Beispiel nicht geometrisch angelegt, sondern in
Pflanzengemeinschaften. Das Gras ist nur ums Haus herum kurz gemäht
(mit der Sense? Wir werden sehen!), sonst dürfen tausend Blumen blühen.
Beim Garten, nicht weit vom Weg, der östlich am Haus vorbeiführt,
plätschert ein Brunnen in einen schlichten, strengen, nicht rustikal
aufgemotzten Holztrog.
In der östlichen Senke zum nächsten
Hügel hin fließt auch ein kleines Bächlein, von Weiden und anderem
Gebüsch gesäumt.
Mehr weiß ich noch nicht. Wie gesagt,
ich bin müde geworden. Alle Ecken und Winkel im Haus und außen
rundherum sind noch nicht fertig. Wo genau steht das alte
Badehäuschen? Meine Konzentration reicht nicht mehr aus und das Bild
beginnt zu verschwimmen und grau zu werden.
Dann öffne ich die Augen und blicke,
am Boden liegend, auf den weißen Vorhang hinter mir, dessen Weiß
mit magischer Intensität leuchtet. Oben, wo der Vorhang in der
Schiene hängt, dringt in den kleinen, ovalen, gewellten Öffnungen
zwischen Vorhangsaum und Schiene ein unglaubliches, noch stärkeres
weißes Licht hervor und erzeugt Flecken von jenseitig leuchtendem
Weiß.
Ich liebe diesen Vorhang, der fast bis
zum Boden reicht. So einen muß es im Haus oben auch geben; irgendwo
braucht es eine große Glastür zum Garten. Oder lieber doch nicht?
Vielleicht im Atelier. Dessen große Glasfenster sind übrigens
entweder durch Holzleisten geteilt oder durch Ziegel, und zwar echt
unterteilt, nicht bloß zum Schein.
©Peter
Alois Rumpf September 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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