Montag, 14. September 2015

190 Die halbe Zwiebel


Das sulfidhaltige ätherische Öl der halbierten Zwiebel dominiert Zimmer und Geruchssinn. Es wird meine Erkältung sehr erfolgreich heilen. Es ist drei Uhr morgens und ich bin gerade aufgewacht. Ich liege noch wach im Bett, aber meine Wahrnehmung beginnt sich schon wieder zu wellen; immer wieder fallen mir die Augen zu. Krankenzimmeratmosphäre. Mein Schreib- und Reaktionsvermögen ist stumpf. Meinen Hörsinn dominiert das Summen der Ohren. Gerade jetzt drückt ein Windstoß gegen das Fenster.
Einzelne Traumelemente schieben sich zwischen meine Wahrnehmungen und Gedankenbilder.
„Was ich Sie bitte ist nur, daß Sie mir erlauben, Angst zu haben.“, höre ich eine Stimme sagen. Beinahe sehe ich sie auch.
Ich kauere da wie eine schiefe Existenz aus einer anderen Welt, wie ein Vertriebener, der sich irgendwo ausruht, erschöpft, resigniert, nur so halbwegs sicher - genau weiß er es nicht. Dabei liege ich normal im Bett am Rücken.

Ein Hustenanfall stößt mich in diese Welt zurück, obwohl sich am Rand meines Notizbuches schon wieder etwas bewegt.
Die Augen fallen mir zu.
Der Wind hat schon längst aufgehört.











©Peter Alois Rumpf September 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

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