183 Samstag
Ich schaue durch die Glastür in den
Garten. Eine Libelle fliegt hin und fliegt her und verschwindet dann
und kommt wieder. Viele Zweige der Eibe sind an den Spitzen braun,
vertrocknet. Es ist windstill. Und doch – manchmal bewegt sich ein
Blatt, oder ein Ästchen. Oft rührt sich nur ein einziges Blatt
inmitten eines windstillen Strauches..... Dann geht wirklich ein
leichter Windhauch durch das sommermüde Blattwerk und späte Geäst,
als würde er etwas suchen.
Da fällt es mir schwer, den Wind nicht
als eigenes Wesen zu sehen, mit eigenem Willen und eigener Absicht.
Intend! Der Common Sense verbietet es, so zu denken. Ich gehorche
diesem unsinnigen Sense nicht wirklich, sondern bloß zum Schein und
rede nicht darüber.
Eine Teenagerin begleitet den Wind am
Klavier, ohne daß sie es weiß, mit einer friedlichen Melodie.
Gleich kommt der Wind näher. Aber dann hält er lauschend still.
Dazwischen die Geräusche eines kindlichen Computerspiels, Reden und
Lachen.
Aber da drüben auf der anderen Seite,
da rüttelt der Wind einen großen, ganzen Baum. Türen gehen auf und
werden geschlossen. Ein leptosomer Engel hängt manieriert an seinem
dünnen, nicht-seidenen Faden, die Hände in einer verdrehten Geste
an der Brust. Bei nichts bin ich empfindlicher, als bei der
Darstellung der Engel. Die Engel sind starke Wesen und tief. Der Wind
gibt mir recht und kommt bis ans Fenster.
Die Frauen reden von schönen, alten
Bädern. Der Großvater liest aufmerksam das Werk seiner Tochter. Ein
Jüngerer liegt auf der Couch und schläft, eingehüllt in seine
irlandfarbene Jacke. Die Kühlung des Computers macht das
Hintergrundrauschen.
Da drüben – der Wind jetzt unterm
Balkon! Nun geht eine Welle durch die umliegenden Gärten. Ein
Vorlauf für das heutige Fußballspiel? Eines der Handys signalisiert
eine Nachricht. Meins ist es nicht, das bleibt wochenlang stumm. Nur
der Wind meldet sich immer wieder. Aber leise, herinnen hör' ich ihn
nicht, kann ihn nur sehen. Er schaut durch die geschlossene Glastür.
Und jetzt kommt er wieder zum Fenster. Der Sohn streicht seinem Vater
zart übers Gesicht. Das ist sehr schön und berührend zum Anschaun.
Jetzt reden die Frauen über das Kochen.
Die Weinblätter vorm Haus sind schon
gelb. Das fällt mir erst jetzt auf. Aus diesem Fenster habe ich
vorher schon mindestens fünfmal geblickt, nach dem Wind in den
Bäumen Ausschau haltend.
Und nochmals umkreist dieser suchende
Wind das Haus. Die Teenagerin spielt wieder Klavier und hüllt uns in
eine stille Wolke lauter meditativer Musik. Ich weide meine Augen am
Grün der Gärten, aber in Ruhe ist fast alles im Alphabereich.
©Peter
Alois Rumpf September 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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