Samstag, 5. September 2015

183 Samstag


Ich schaue durch die Glastür in den Garten. Eine Libelle fliegt hin und fliegt her und verschwindet dann und kommt wieder. Viele Zweige der Eibe sind an den Spitzen braun, vertrocknet. Es ist windstill. Und doch – manchmal bewegt sich ein Blatt, oder ein Ästchen. Oft rührt sich nur ein einziges Blatt inmitten eines windstillen Strauches..... Dann geht wirklich ein leichter Windhauch durch das sommermüde Blattwerk und späte Geäst, als würde er etwas suchen.

Da fällt es mir schwer, den Wind nicht als eigenes Wesen zu sehen, mit eigenem Willen und eigener Absicht. Intend! Der Common Sense verbietet es, so zu denken. Ich gehorche diesem unsinnigen Sense nicht wirklich, sondern bloß zum Schein und rede nicht darüber.

Eine Teenagerin begleitet den Wind am Klavier, ohne daß sie es weiß, mit einer friedlichen Melodie. Gleich kommt der Wind näher. Aber dann hält er lauschend still. Dazwischen die Geräusche eines kindlichen Computerspiels, Reden und Lachen.

Aber da drüben auf der anderen Seite, da rüttelt der Wind einen großen, ganzen Baum. Türen gehen auf und werden geschlossen. Ein leptosomer Engel hängt manieriert an seinem dünnen, nicht-seidenen Faden, die Hände in einer verdrehten Geste an der Brust. Bei nichts bin ich empfindlicher, als bei der Darstellung der Engel. Die Engel sind starke Wesen und tief. Der Wind gibt mir recht und kommt bis ans Fenster.

Die Frauen reden von schönen, alten Bädern. Der Großvater liest aufmerksam das Werk seiner Tochter. Ein Jüngerer liegt auf der Couch und schläft, eingehüllt in seine irlandfarbene Jacke. Die Kühlung des Computers macht das Hintergrundrauschen.

Da drüben – der Wind jetzt unterm Balkon! Nun geht eine Welle durch die umliegenden Gärten. Ein Vorlauf für das heutige Fußballspiel? Eines der Handys signalisiert eine Nachricht. Meins ist es nicht, das bleibt wochenlang stumm. Nur der Wind meldet sich immer wieder. Aber leise, herinnen hör' ich ihn nicht, kann ihn nur sehen. Er schaut durch die geschlossene Glastür. Und jetzt kommt er wieder zum Fenster. Der Sohn streicht seinem Vater zart übers Gesicht. Das ist sehr schön und berührend zum Anschaun. Jetzt reden die Frauen über das Kochen.

Die Weinblätter vorm Haus sind schon gelb. Das fällt mir erst jetzt auf. Aus diesem Fenster habe ich vorher schon mindestens fünfmal geblickt, nach dem Wind in den Bäumen Ausschau haltend.

Und nochmals umkreist dieser suchende Wind das Haus. Die Teenagerin spielt wieder Klavier und hüllt uns in eine stille Wolke lauter meditativer Musik. Ich weide meine Augen am Grün der Gärten, aber in Ruhe ist fast alles im Alphabereich.










©Peter Alois Rumpf September 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

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