207 Morgendämmerung
Die Dunkelheit hier war so schön, daß
die Lichtsäule, die im Spalt zwischen Rollo und Fensternische
entstand, wie ein heiliger? heilender? heiler? Gruß aus einer
größeren Welt an ihrem Ort schwebte.
Dieser sanfte Knäuel aus Dunkelheit
hier im Zimmer. Schemenhaft ahne ich das Bücherregal, den
Schreibtisch mit seinen Aufbauten, die Bilder, Zeichnungen, Blätter
an den Wänden, meine Jacke, die an der Tür hängt....
Unten hat der Tag schon längst
begonnen, ich kann ihn laut und deutlich hören. Hier ist noch Nacht.
Ihre letzte, vergebliche Zuflucht. Ich selber bin noch erfüllt von
warmem, aber verzehrendem Gefühl, beim Lesen eingesickert oder aus
porösem Grund langsam emporgestiegen. Als ich dann die Leselampe
gelöscht habe, war ich wieder in nächtliche Dunkelheit eingehüllt.
Eingehüllt in einen warmen, schützenden Umhang, den mir eine
gütige, weibliche Kraft zum Trost umgelegt hatte.
In meinem Inneren spüre ich ein
Ziehen. Irgendetwas außen versucht irgendetwas aus meinem Inneren
herauszuziehen, etwas, das selber hinaus will.
Es ist nicht die Dunkelheit, die mich
umhüllt, die dieses Hinauswollende durchstoßen muß, sondern die
zähe Membran, die mich von der Welt trennt. Von welcher Welt auch
immer.
Eigenartig, dieses verzehrende Ziehen
spüre ich in meinem Inneren, ungefähr in meinem Bauch, ganz unten,
beginnend bis hinter meine Augenhöhlen hinauf. Eine innere Säule
aus Sehnsucht. Wonach? Nach der Verbundenheit mit allem?
Jetzt ist es auch unten ganz still. Um
mich nur die üblichen tickenden, surrenden Übergangsgeräusche, am
Übergang zwischen sogenanntem Traum und sogenannter Wirklichkeit.
Die Lichtsäule beim Fenster wirft
schon schwaches Licht auf die Kanten der Regalbretter. So wird an den
Rändern das Dämmrige immer stärker und die Dunkelheit hat sich
links der Mitte des Raumes, in Bodennähe, geschützt vom
Schreibtischschatten zurückgezogen, in Gestalt einer kleineren,
dunklen, schwebenden Kugel.
©Peter
Alois Rumpf Oktober 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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