Dienstag, 6. Oktober 2015

204 Die Außenwand


Die Zwillingstürme aus CDs auf meinem Schreibtisch; das heimliche Christusbild an der Wand, ganz oben unter der Decke, wo er einem heilend das Ohr berührt, damit der endlich hören kann; die kindische Zeichnung, die ich an den Fächerkasten getackert habe, als ich noch vor einer Gruppe von Hörern unterrichten zu können glauben wollte. Alle meine tastenden Versuche, meinen Weg zu finden, die sich alle verloren haben, im Sand verlaufen. Jetzt rufe ich Leute an und bitte sie, sie befragen zu dürfen. Abgetragen, weit abgetragen. Der Verputz der Außenwand des Hauses wirkt... mir fallen keine akzeptablen Bilder ein, die das Zufällige und gleichzeitig Erstarrte daran ausdrücken können.

Trauer. Als ich die Trauer ergründen will, löst sie sich auf. Also auch sie ohne Substanz. Gut, dann eben nicht. Dann werde ich es nicht mit der Traurigkeit versuchen.

Ich starre wieder gedankenlos und unzentriert auf die Hausfassade; die Schlieren und Muster des Verputzes wirken wie in ihren Bewegungen erstarrt. Das sind sie auch, genauso wurden sie gemacht. Daran ist nichts geheimnisvoll oder bedeutungsschwer. Ich weiß nur, im Fieber würden sie lebendig werden und sich bewegen. Aber auch das ist nichts Neues. Nichts Neues unter dem trüben Himmel.

Die Frustration schabt an meinen Eingeweiden. Kein Gedanke, kein Satz, der einrastet. Kein Bild, das ein „das ist es!“ auslöst. Nichts ist an seinem Platz. Nichts ist, was es ist.


Jetzt bekommt diese Außenwand etwas anderes; als würde sie von einer neuen, hellen Kraft in die Höhe gestreckt werden, aufgerichtet aus einer verkrümmten Erschöpfung. Wieder stark und strahlend und weiß und sinnvoll steht sie da. Irgendetwas Helles hat von außen eingegriffen und das Haus nicht einstürzen lassen.














©Peter Alois Rumpf Oktober 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

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