Dienstag, 17. März 2015

99 Wie ich auf die Bücher Carlos Castanedas kam


Es war am Anfang des Jahres 1975, vor vierzig Jahren also. Ich habe schon oft hergeschrieben, welch ein unglücklicher, schüchterner, jungfräulicher Mann ich war. Im Kopf schon links und rebellisch trug ich lange Haare, Bart und wenn ich leicht angetrunken im Glockenspielkeller redete, agierte und lachte, konnte man oder frau nach einem oberflächlichen Blick schon glauben, einen normalen, aufgeweckten, nur mittelmäßig gestörten jungen Mann vor sich zu haben.

Da kam eines Abends eine schöne, junge Frau in den Glockenspielkeller und schaute sich um. Sie sprach mehrere Leute an und plötzlich, überraschend, stand sie vor mir und redete auch mich an.
Ich war wirklich überrascht. Die Frau war wirklich schön. Ihre langen, dunklen, gewellten Haare; ihr klares Gesicht; ihre schönen, ausdrucksstarken Augen; ihre hinreißende Figur – mehr schreibe ich nicht her. Ich hätte mich nie getraut, sie anzusprechen.

Sie redete mich an und erklärte mir, daß sie in ein paar Tagen oder einer Woche in den Semesterferien nach London trampen will und einen Reisepartner suche, ob ich nicht Lust hätte, mit ihr zu fahren.
Etwas gezögert habe ich schon, beinahe hätte ich gesagt, „das kann ich mir nicht leisten!“ - oder habe ich es tatsächlich gesagt? Aber auf der anderen Seite: diese Chance sich entgehen lassen? Mich interessierte die Frau, nicht London. Obwohl ich schon Angst hatte, vor der schönen Frau und wie das wird. Und es hätte mir schon auffallen können: ich begleitete sie ein Stück des Weges, ein zweites Paar war auch noch dabei, und ich umarmte sie zum Abschied. Sie ließ sich die Umarmung gefallen, aber erwiderte sie nicht. Eigentlich eine deutliche Botschaft, aber tumb wie ich war, konnte ich das nicht richtig deuten. Ich hatte zur Reise „ja“ gesagt und machte mir Hoffnungen.

Also fuhren wir im Februar los. Schnell stellte sich heraus, welch unerfahrener, ängstlicher, introvertierter, weltfremder Mann ich war. Ich meine das jetzt einmal auf das Reisen bezogen – beim Autostoppen geht es ja auch darum, schlagfertig und flexibel zu sein, und die Chancen, die sich bieten, schnell und ohne Skrupel zu ergreifen, und daß man die besten Routen rausfindet, komische und ungute Fahrer erkennt und mit ihnen geschickt umgehen kann, viel redet, offen, neugierig, ja, weltgewandt ist.

Das war ich alles nicht und meine Reisepartnerin ärgerte sich oft über mich. Weil ich eine schlechte Route gegen ihre Bedenken durchgesetzt habe. Ich hatte nicht mitbekommen, daß ein neuer Autobahnabschnitt eröffnet worden und deswegen der Hauptverkehr von meiner vorgeschlagenen Route abgezogen war, obwohl ich mich als Kenner dieser Gegend ausgegeben hatte. So mußten wir uns mit dem lokalen Verkehr und dem Weiterkommen in kleinen Schrittchen begnügen. Oder meine schlechten Französischkenntnisse. Meine Begleiterin konnte nicht verstehen, wie man vier Jahre in der Schule Französisch lernen, aber dann nicht sprechen kann. Das ergab auch sinnlose Umwege in Frankreich und Belgien.
Und überhaupt: meine Schüchternheit, Introvertiertheit – auf so einer Reise eher hinderlich. Oft saß sie beim Fahrer vorne, und ich hinten.

Sogar mir war klar – mit dieser Dame wird sich nichts abspielen. Ich war ihr schon beim Reisen kein ebenbürtiger Partner. Die meiste Zeit verhielt ich mich wie ein gekränktes Kind und zog mich in mich zurück.
Wir übernachteten in Jugendherbergen und wo wir wann waren, weiß ich nicht mehr. Einmal sagte uns die Rezeptionsdame in einer Jugendherberge in Frankreich, daß wir ohne weiteres alleine zusammen in einem Raum schlafen könnten, was meine Begleiterin strikt ablehnte.

Irgendwann auf der Hinfahrt kamen wir an einem Haus vorbei und ein kleiner Hund bellte uns an. Meine Begleiterin redete auf den Hund in „Babysprache“ ein, streichelte ihn und spielte mit ihm.
Und das ist interessant: ich wußte ja schon, daß ich mich auf dieser Reise wieder unter der Kategorie „Versager“ abbuchen konnte, aber … ich bin politisch auf der richtigen Seite. Mein schwindliges politisches Engagement, die ersten, gerade erlernten marxistischen Stehsätze – zum Beispiel: „Liebe ist auch nur das Moos auf dem nackten Felsen der Ökonomie“ - gaben mir genug Arroganz, jetzt, in dieser Sache da mit diesem Hund, mich in meinem Inneren meiner Begleiterin gegenüber überlegen zu fühlen: was tut sie da so blöd mit diesem Hund herum! Sie muß es gespürt haben, denn sie sagte zu mir: „Hast du noch nie Castaneda gelesen? Da sieht man, daß auch Tiere eine Seele haben!“ Ich denke noch „so ein Schwachsinn!“ und Castaneda war bei mir als Kitschautor abgespeichert.

Irgendwann erreichten wir London. Überfahrt, das alles mußte sie checken. Ich erinnere mich noch an eine Grenzkontrolle in Belgien – sie wurde stundenlang durchsucht. Aber irgendwann erreichten wir London.
Wir wohnten in einem Jugendhotel. Sie blühte hier auf, sie genoß die Stadt, freundete sich mit einem jungen Mann – ich glaube aus Südamerika – an und durchkämmte mit ihm die Stadt. Das war ihre Welt: Mode, Popmusik, nette und interessante Leute kennenlernen, das bunte Leben. Ich machte bei ihren Touren trotz gelegentlicher Einladung nicht mit. Ich konnte es mir auch gar nicht so recht leisten. Mein Reisebudget war schon ziemlich aufgebraucht. Dennoch, hauptsächlich war ich noch immer beleidigt und bekam so von London nicht viel mit.
Nur, daß es Kentucky-fried-chicken-Buden gab; dann ein Lokal, in dem ich Bier trank und wo ich den ersten Mann sah, der sich als Frau kleidete und verhielt, er arbeitete dort an der Bar und redete im Kreise seiner Kolleginnen hauptsächlich von Mode, und wo ich draußen am Platz vor der Tür – das warme Bier nicht gewohnt und betrunken – mehrmals hinkotzte.
Ein Touristenphotograph übertölpelte mich noch und lockte mein beinah letztes Geld heraus – ich konnte gerade noch die bereits getätigte und bezahlte Bestellung zur Hälfte rückgängig machen. Anscheinend hatte er Mitleid mit mir und gab mir tatsächlich das halbe Geld zurück. So gibt es ein Photo von mir, aufgenommen an meinem 21. Geburtstag, wo ich in London mit verzweifeltem Blick auf der Straße stehe, mit langen Haaren und langem Bart, im Steiererjopperl, das ich damals unbedingt als regionale Variante des Maoanzuges ansehen und durchsetzen wollte.

Kurz vor der Abreise drohte meine Reisebegleiterin, alleine zurückzutrampen, mir war es schon egal, ich freundete mich mit dem Gedanken an, mich hier in London einfach untergehen zu lassen. Aber schließlich fuhren wir doch gemeinsam zurück.
Sie hatte einen Zug gecheckt, wo die Fahrkarte nicht viel teurer war als das Ticket für die Überfahrt auf der Fähre über den Kanal, und wenn wir noch ein bißchen drauflegten und uns die Karte gleich bis Aachen lösten, dann haben wir schon viel vom Weg hinter uns und Autostop-Reisezeit erspart.

Wir machten es so. Im Zug, der nach Wien fuhr und dort am Morgen des nächsten Tages ankam, saßen wir mit einer jungen Frau im Abteil und irgendwie muß ich wieder bei meiner Lieblingsbeschäftigung gewesen sein, nämlich reden, und so scherzte ich bereits wieder, es sei doch blöd, aus dem Zug nach Österreich in Aachen auszusteigen, wir sollten uns hier im Coupé verstecken und schwarz fahren. Da unter der einen Bank ist ein Platz und dort oben in der Gepäckablage, die sich über der Abteiltür befand, über dem Gang vor den Abteilen.

Es war so: ich hatte das nur im Scherz gesagt, es sollte ein „Witz“ sein, aber meine Begleiterin nahm den Vorschlag ernsthaft und dankbar an und ich hatte nicht den Mut, nein zu sagen.
Es war schon dunkel und ab Aachen versteckte sie sich unter der einen Bank – unter der anderen Bank befand sich eine Eisenverstrebung, deretwegen man den Platz nicht nutzen konnte. Und so legte ich mich oben in die Gepäckablage über dem Gang. Die Dame im Abteil, eine Deutsche, spielte mit und so zogen wir die Vorhänge auch am Fenster zu, damit sich mein Abbild nicht im Fenster spiegeln konnte und die deutsche Unterstützerin drehte das Licht ab.

Natürlich hatte ich Angst. Ich war schon beinahe eingeschlafen und meine linke Hand war schon etwas heruntergerutscht und befand sich jetzt ganz nahe beim Lichtschalter, als der Schaffner die Tür aufriss, grüßte, vielleicht wegen der jungen Dame ganz lässig das Licht aufdrehte, oder anmachte, nämlich ohne sich dabei zum Schalter umzudrehen, denn dann hätte er mich gesehen. So verspürte ich lediglich den Luftzug seiner Handbewegung und ich war mir sicher, jetzt bin ich ertappt. Nein, er sagte nichts. Knapp, ganz knapp!

Die nächste Herausforderung kam zu dem Zeitpunkt, als noch eine junge Dame ins Abteil kam. Sie merkte zunächst nichts. Unserer Supporterin im Abteil fiel jetzt die unangenehme Aufgabe zu, die Neue einzuweihen. Nach ein paar Minuten angespannter Stille sagte sie zur neu Dazugekommenen: „Schauen Sie bitte einmal da nach oben!“ und zeigte auf mich. „Oh!“, rief die Angesprochene aus und war gleich begeistert. Nachdem ihr alles erklärt worden war und ihr meine Begleiterin unter der Bank gezeigt wurde, spielte auch sie mit. Das war wichtig, denn unsere erste Unterstützerin verließ bald den Zug. Sie hatte mir noch ihre Adresse gegeben, mit der Bitte, ihr zu schreiben, wie das Ganze ausgegangen ist. Das tat ich und ich konnte ein wenig den Helden spielen. Mein Gott, wenn sie gewußt hätte, welch unfreiwilliger „Held“ ich war!

Abgesprochen war, daß wir vor der Grenze nach Österreich aussteigen, um der Grenzkontrolle im Zug zu entkommen. Der Wechsel zwischen sich vor dem Schaffner verstecken und vor dem Zoll alles auspacken schien auch meiner mutigen Begleiterin zu riskant.
Als wir in Regenburg blitzschnell alles zusammenpackten und aussteigen wollten, tanzte die ganze Zeit über der Schaffner vor unserer Abteiltür herum, gerade im letzten Augenblick vor der Abfahrt ging er weg und wir schafften es gerade noch auszusteigen.
Mir kam der Gedanke, daß er uns doch bemerkt hatte und uns noch etwas tratzen wollte, aber kann man das glauben, daß er uns schwarz fahren ließ? Jedenfalls nutze ich diesen nachdenklichen Moment um unseren beiden Unterstützerinnen im Zug zu danken. Danke! Und danke an den Schaffner! Und ich hänge gleich an: Danke auch an alle Autofahrer, die uns mitgenommen haben.

Jetzt, am Bahnhof in Regensburg, war es früher Morgen und noch dunkel. Wir warteten dort, bis es hell wird. Es gab noch eine Polizeikontrolle, die wir nur durch die Schlagfertigkeit meiner Begleiterin – eigentlich war ja ich ihr Begleiter – heil überstanden haben. Und eine weitere Polizeikontrolle in Österreich, weil wir mit Arabern, die Autos der Marke Mercedes in den Nahen Osten überstellten, mitfuhren, wo es kurze Probleme wegen meines bartlosen Paßphotos gab.

Irgendwann am Abend waren wir dann in Graz. Wir haben uns dann nie mehr gesehen.
Nur eine Genossin sprach mich einmal auf diese Reise an, weil der jüngere Bruder ihres Freundes, wenn ich mich richtig erinnere noch in der Oberstufe des Gymnasiums, mit dieser jungen Frau - ich glaube nach Indien - reisen wollte. Sie fragte mich, ob diese Frau weiß, was sie will und reiseerfahren ist. Nicht ohne Ironie – ich sollte ein Gutachten abgeben über Reisetüchtigkeit und Lebenstüchtigkeit dieser Frau! Ich sagte zu ihr: „Sie ist reiseerfahren und weiß was sie will. Sie kann mit außergewöhlichen Situationen gut umgehen und ist sehr selbstsicher. Du mußt dich um den kleinen Bruder deines Freundes keine Sorgen machen.“
Ich sagte das aber nicht so schön, wie ich es hergeschrieben habe, sondern ganz rot im Gesicht, stotternd, abgehackt und nicht in ganzen Sätzen, verlegen, schamvoll den Blicken ausweichend, denn die Geschichte war mir furchtbar peinlich.
Nur mit der Geschichte von der Schwarzfahrt von Aachen nach Regensburg ging ich öfters hausieren.

Einige Zeit später, bei einem Geplauder auf irgendeinem Fest oder Treffen, sagte ein älterer Medizinstudent, ein gebildeter, eloquenter, rationaler, aufgeklärter Mann, unserer Polittruppe nahestehend, aber von feinen Umgangsformen, zu dem ich wie zu einem Obergenossen aufblickte: „heute habe ich wiedereinmal im Castaneda gelesen,“ um dann ganz schwärmerisch hinzuzufügen, „schön! so schön!“ Seine Stimme bekam dabei etwas ganz Weiches, einen Tonfall, wie ich ihn bei strengen Linksrationalisten nicht erwartet hätte, und den ich mir gerade erst unter der Überschrift „ausmerzen meiner klerikaloiden und pfaffenhaften Verhaltensweisen und Ausdrucksformen“ abzugewöhnen versucht hatte.
Das passte für mich nicht zusammen, dieses Pop-London-Mädchen mit ihrer Castaneda Schwärmerei und der Obergenosse mit seiner. Dieser Widerspruch machte mich hellhörig und weckte meine Neugier und ich speicherte dies irgendwo im Hinterkopf ab.

1977 war ich dann auf einem Ferienalternativcamp am Edersee nahe Kassel. Ich kam da gerade in den Übergang vom RAF-freundlichen oder schon etwas kritischerem (Mescalero) Genossentum zur gerade aufkommenden alternativ-grünen Ideenwelt. Wir sammelten Kräuter, für die Sauna, für den Tee; wir sammelten Pilze – wobei ich getadelt wurde, weil ich die Pilze einfach herausriß und nicht abschnitt, wie es sich gehört, wenn man das Myzel schützen will. Also alles schon richtig Richtung grün.
Diesen Tadel konnte ich übrigens schwer wegstecken. Zum einen hörte ich zum erstenmal von dieser myzelschützenden Methode und zum anderen fühlte ich mich als Österreicher – bei allem linken Gerede - was Wandern, Berge, Natur und Schwammerlsuchen betrifft kompetenter als die „Deutschen“. Ja, soviel Pseudo-Bodenständigkeit, will sagen Rustikal-Auftrumpferei (jo, mir san ..!) mußte noch sein. Und nur widerwillig sah ich ein, daß Pilze abschneiden besser ist, als Pilze ausreißen. Letztlich nahm ich aber die Wende weg von der - was mich betrifft - linksradikalen Verbalkraftmeierei zum Müsli hin gerne an, es war mir schon längst nicht mehr alles geheuer.

Auf diesem Ferienalternativcamp lernte ich eine Frau kennen, alles noch ganz harmlos. Wir tauschten Adressen aus und blieben in Kontakt. Bevor sie mich nach Graz besuchen kam, trampte ich zu ihr nach Heidelberg und stieg den Steigerweg zu dem Haus, in dem ihre Wohngemeinschaft lebte, hinauf.

Das war nämlich so: was meine Frauengeschichten oder Nichtgeschichten betraf, hatte ich größte Angst vor den Männern, hier die Genossen. Denn gefiel sie ihnen, fürchtete ich, daß sie sie mir „wegnehmen“, gefiel sie ihnen nicht, daß sie mich verspotteten. Ja, so war's.

Also in Heidelberg. Sie war etwas irritiert, daß ich gegen unsere Absprache zu ihr gekommen bin, ich faselte etwas davon, sie zu überraschen vorgehabt zu haben. Sie war auch anderweitig „beschäftigt“, nämlich mit ihrem jungen Liebhaber und so hing ich oft herum in Cafes, schaute mir die Stadt an, stundenlang stand ich oben auf der Schloßruine und schaute sehnsuchtsvoll ins weite Land. Oder ich war in ihrem Zimmer, wenn sie bei ihrem Freund war, und da lag der zweite Band von Castaneda, „Eine andere Wirklichkeit“.
Eine andere Wirklichkeit suchte ich dringend, aber es war aus Langeweile und wegen der Erinnerung an diesen abgespeicherten Widerspruch im Hinterkopf, daß ich zu dem Büchlein griff und zu lesen begann. Und ich war schnell fasziniert. Wieder zu Hause in Graz kaufte ich alle Bücher von Carlos Castaneda, die es gab und las sie ergriffen. Und es rückte sich in mir etwas zurecht.

Was Heidelberg betrifft: wir fuhren dann mir ihrer Ente – unangenehm auch, daß ich keinen Führerschein hatte und nicht einmal ein paar Meter fahren konnte – nach Italien, das Lieblingsziel der Linken, die Toscana.
Nein, nein, nichts passierte, außer ein Abschied in Frust und Tränen bei ihr und in Frust und Stummheit bei mir. Aber dann auch Stolz, trotzdem einen ordentlichen Streit und eine ordentliche Trennung zustande gebracht zu haben. Bei so einem Unternehmen kommt der Charakter mit allem Drum und Dran – und mit allem, was fehlt - unweigerlich zum Vorschein, gegen alle Rhetorik, gegen alle Vorspiegelungen.

Es gibt oder gab da einen deutlichen Unterschied zwischen dem protestantischen Deutschland und dem katholischen Österreich, einfach in der Mentalität und in der Wahrnehmung und Deutung der Wirklichkeit.
Ich tat mir nämlich bei deutschen Frauen meistens leichter; Bart, lange Haare und sonst alle Ingredienzien progressiver Weltauffassung, linke Rhetorik inklusive Wilhelm Reich. Eine deutsche Genossin konnte sich denken – treu ihrer lutherischen Schulung: sola scriptura – nur das Geschriebene gilt; oder auch noch das Gesprochene: „ja, klingt gut der Typ! Interessanter Mann.“
Eine Österreicherin – ob Genossin oder nicht – hörte die Worte wohl, aber sie lauschte auch zwischen die Zeilen – „die Stimme, hatte sie nicht etwas Unsicheres im Unterbau? Und wie er dasteht – schaut das nicht verlegen und unsicher aus? Nicht gerade sehr männlich. Und jetzt zögert er herum! Nein, lieber nicht. Wer weiß, was ich mir da einhandle.“ Und läßt die sich anbahnende Geschichte, wenn sie milde ist, sanft „auslaufen“. Das Achten auf das Nonverbale geschieht meistens gar nicht so bewußt; es wird auch unbewußt der unausgesprochene und nichtsprachliche Anteil der Wirklichkeit wahrzunehmen versucht.
Nicht so die deutschen „Freundinnen“, die nahmen mich beim progressiven Wort und wenn sie dann nach drei Tagen feststellten, daß es doch nicht so weit her ist mit mir und ich hinter meine Rhetorik zurückfalle, ja dann kam schon ungeschminkt und gnadenlos: „So 'ne kaputte Type wie du ist mir auch noch nie untergekommen!“

Ja, aber danke für den Castaneda! Alle drei, danke!


©Peter Rumpf 2015 peteraloisrumpf@gmail.com

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