98 Die wilde Kommune von Geidorf, Teil zwei, oder der „seitenverkehrte Burgenländerwitz“ (Heimito von Merowinger)
Im Großen und Ganzen sind wir mit den
anderen Mietern im Haus gut ausgekommen. Zumindest soweit ich mich
erinnern kann und soweit ich es überhaupt mitbekommen habe.
Dazu hat auch beigetragen, daß der
Wohngemeinschaftsgenosse Rudi sich's mit dem Hausmeister gut geredet
hat. (Ich weiß, veraltete und dialektale Ausdrucksweise! Aber
trotzdem!) Er konnte gut mit dem Hausmeister reden, so von
Burgenländer zu Burgenländer.
Dadurch wurde hausintern sicher einiges
abgefangen.
In unserer WG lebte auch Ali, ein Mann
aus Persien, ein großer Jazzkenner. Es kamen viele seiner persischen
Freunde zu uns auf Besuch. Die meisten von ihnen aus einer ganz
anderen Welt, Familienväter in verantwortungsvollen Berufen zum
Beispiel. Also gingen auch „viele Ausländer dort ein und aus“,
wie die Dame im Erdgeschoß feststellte. Aber das ist jetzt nicht das
Thema.
Alis Familie lebte in London und er
hatte einen Zwillingsbruder, der ihm aber gar nicht ähnlich sah. Ali
war schlank und durchtrainiert, sein Bruder wirkte etwas dicklich und
unbeholfen. Und dieser Bruder war einmal längere Zeit bei uns auf
Besuch. Wir verstanden natürlich nicht, was sie untereinander
sprachen, aber daß es manchmal Spannungen gab, war spürbar und
hörbar. Könnte sein, daß Ali seinen Bruder aufforderte, sich mehr
an der Haushaltsarbeit zu beteiligen, wenn er hier wohnt. (Äh!? Was
hat heute in der Früh meine Frau mir gegenüber angedeutet?)
Also nahm der Mann eines abends – es
muß im Winter gewesen sein – beherzt die Asche aus dem Ofen in
Alis Zimmer und trug sie die Stiegen hinunter in den Keller und warf
sie in den Mistkübel.
Was wir nicht wußten: der gute Mann
hatte ein eigenartiges Verhältnis zu Feuer, so in Richtung unbewußte
Pyromanie. Das Haus der Familie in London hatte er einmal –
unabsichtlich – in Brand gesteckt und hat dann, von dem, was da
jetzt passierte, überfordert, das Haus verlassen, ohne die Feuerwehr zu
rufen und ging, nachdem er das Gartentor noch brav zugesperrt hatte,
einfach weg. Es waren die Nachbarn, die die Feuerwehr alarmierten.
Wie groß der Schaden war, weiß ich nicht.
Wie gesagt, das wußten wir nicht,
sonst hätten wir wahrscheinlich die Asche, bevor er sie
hinunterträgt, kontrolliert.
Alis Freundin – sie hatte gar keinen
Haustorschlüssel – kam gegen zwei Uhr morgens nach Hause, nahm den
gewohnten Schleichweg über den Keller an den Mistkübeln vorbei –
eine Kohlenkellertür war immer unversperrt – und stellte fest, es
raucht. Irgendwas brennt. Ein Mistkübel stand in Flammen und sie schlug Alarm.
Große Aufregung, alle Hausparteien im
verrauchten Stiegenhaus, die Wohngemeinschaft uns gegenüber weckte
schon ihre kleinen Kinder auf um rechtzeitig raus zu kommen, aber der
Mistkübel war schnell gelöscht. Nichts passiert. (Ich kann mich
nicht erinnern, ob mit oder ohne Feuerwehr – ich glaube ohne, aber
ich habe - scheinanwesend wie ich bin – oft nur unscharfe
Erinnerungen.)
Das war jetzt schon eine blöde
Geschichte. Und nicht mehr ganz harmlos. Der burgenländische
Hausmeister wollte mit uns darüber reden. Aber sein „natürlicher“
Gesprächspartner, der Burgenländer Rudi, war gerade verreist. Also
sprach er mich an. Er war ein wirklich freundlicher Mann, vorsichtig,
wie mit einem etwas unreifen, unverständigen Kind – womit er bei
mir zwar nicht in dieser Sache, aber im Grunde nicht einmal so daneben
lag – versuchte er mir klar zu machen, daß glühende Asche in den
Mistkübel nicht geht.
Wenn ich jetzt an diesen Mann denke,
bin ich ob seiner gütigen Umsicht und Obsorge gerührt und könnte
ihn umarmen.
Trotzdem: die
Pointe kann ich nicht auslassen. Er sagte zu mir:
„Ihr
müßt's schon aufpassen mit dem Feuer und aufpassen, daß keine Glut
in der Asche ist. Weil, das geht nicht! Ich mein', daß der Perser
sich mit dem Feuer nicht auskennt, versteh' ich! Aber der Rudi! Der
Rudi ist doch ein Burgenländer!“
Guter
Mann, bitte verzeih mir. Und im oberen Absatz heißt "ich kann nicht" - "ich will nicht".
©Peter
Rumpf 2015 peteraloisrumpf@gmail.com
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