Donnerstag, 17. Oktober 2024

3819 Die Waldschneise

 



8:49 a.m. Heute morgen waren meine Träume ganz angenehm, auch wenn sie, wie alle gewöhnlichen Träume, zu nichts Rechtem geführt haben. Das Rollo habe ich schon hochgezogen und so eine Art Morgenschnupfen treibt mir Tränen in die Augen. Der schwarze Holzrabe am Fenster schaukelt schon mit weit ausgebreiteten Flügel in der Aufwärme der Heizung (wann werde ich die meinen ausbreiten?).

Ich plane ganz locker meinen Tag so vor mich hin; Museumsbesuch ist im Moment die bevorzugte Option. Der Abbé Pierre – der Vatikan kannte die Mißbrauchsvorwürfe seit 1959 – geistert in meinem Kopf herum, 1989, als ich ein paar Monate in Paris lebte, ist er auch zum beliebtesten Franzosen gewählt worden. Da habe ich zum erstenmal von ihm – gerade in der Libération - gelesen und war über diese Wahl im laizistischen Frankreich erstaunt und nicht mißtrauisch.

Meine Gedanken wandern wieder zum heutigen Tag zurück und es wird wohl die Albertina werden (wenn meine Jahreskarte noch gilt). Mein Blick gleitet noch ein wenig über die Rücken der Bücher an der Wand, wobei es mehr um deren Farben geht und ihre Kombinationen, sowohl auf den einzelnen Buchrücken, als auch um die durch die Zusammenstellung (wörtlich!) der Bücher entstandenen. Ach – jetzt erst fällt mein Auge darauf: die drei Bilder oben unter dem Plafond – Mali Lošinj, Rettenschoess, Veli Lošinj – blicken mich heute so frisch, offen und strahlend an, dass es einem das Herz erfreut. Die kleine Photographie der winterlichen Riesneralm-Waldabfahrt nehme ich erst beim zweiten Drüberstreifen auf. Und erst als ich den Blick länger darauf verweilen lasse, zieht mich die wolkenverdeckte Wintersonne in der Waldschneise an, dass mir eine ungeahnte Sehnsucht durchzubrechen droht, die in einem Weinkrampf enden würde, könnte ich sie zulassen. Ich mag mich vom Anblick der vier Bilder nicht lösen; Wellen der unterschiedlichsten Empfindungen und Gefühle laufen durch mich.

Die Rufe der Tageskinder im Stiegenhaus, die aus dem Augarten kommen, lösen mich allmählich aus diesem entrückten Zustand und ich merke, dass ich Hunger habe und frühstücken will.


(15.10.2024)


©Peter Alois Rumpf Oktober 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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