Montag, 14. Oktober 2024

3815 Wie auch immer

 



Ich sitze in der Arztordination, und weil ich das Handy ausgeschaltet habe, habe ich keine Uhrzeit. Ein paar Sterne tanzen plötzlich vor meinen Augen, der Bildschirm an der Wand ist gottseidank schwarz und stumm. Rechts schaut von einem gerahmten Werbeplakat eine junge Frau künstlich empört und zornig drein (schlecht schaugespielt), die Musik aus den Boxen ist nicht unangenehm, das Gerede vom Empfangsbereich im anderen Raum drüben ist laut und ein wenig, wirklich nur ein wenig unangenehm, wie auch das ständige Surren vermutlich des Druckers und das ständige Zuschlagen von Türen. Eine hohe Glasvase mit weiß und einige auch rosa gemachten blattlosen Zweigen und Stengeln steht in der Ecke vor mir, irgendwie zwischen Elegance und Lächerlichkeit. Die Zeitschriften am Zeitschriftentisch interessieren mich überhaupt nicht; dieses Gesundheits- Fitness- Arzt- und Wellnesszeugs bereitet mir Übelkeit. Ich lebe in einer völlig anderen Welt. Mich interessieren Auferstehung von den Toten, sogenannte Himmelfahrten, Geistreisen etcetera und das anders als ihr denkt. Was mache ich hier eigentlich? Lieber Gott! Hol mich hier raus!

Es gibt natürlich keinen Erlöser; das sage ich, obwohl es gerade an der Ordinationstür klingelt. Vielleicht kommt er doch? (dein Erlöser wird schon irgendwann kommen, aber er wird dich ins Nichts hinein erlösen – der innere Spötter). Der Mann, der angeläutet hat, kommt herein; ich sehe ihn nicht, aber die Stimme reicht mir schon. Den weise ich als Erlöser zurück! Ich mein' – wo sind wir denn! Ich bin auch nicht auf der Nudelsuppe dahergeschwommen! (wer weiß! - der innere Spötter) Natürlich, so toll scheinen meine von den Vorfahren ererbten Erfahrungen auch nicht zu sein, und ich fühle mich von jenen auch nicht sehr unterstützt (die Suppe ist zu dünn, oder versalzen, die Nudeln sind verschimmelt oder sonstwie ungenießbar). Wie auch immer.

Der zweite, etwas abgelegene Warteraum (für auf (sic!) den Erlöser – der innere Spötter), in dem ich sitze, füllt sich jetzt; die lokalregionale Stille hier ist vorbei. Aber das kriege ich schon hin; meine Stillen sind sowieso sehr laut. Ich möchte bald drankommen, deshalb lege ich das Schreibzeug weg und tue so, als wäre ich als nächster dran. Ich seufze. Mir ist zum Heulen, aber ich heule nicht. Das hat – soweit ich weiß – nichts damit zu tun, weswegen ich hier bin, denn das ist eine Lappalie. Weil ich nicht drangekommen bin, gehe ich auf und ab.


(14.10.2024)


©Peter Alois Rumpf Oktober 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Abonnieren Kommentare zum Post [Atom]

<< Startseite