Freitag, 30. August 2024

3761 Maulbertsch & Co

 



11:20 a.m. Der Maulbertsch ist kaum auszuhalten, trotzdem ist es genial, wie er malt und dabei alles auflöst. Seine ständig entzündeten Augen, die inzestuösen, ständig erröteten Gesichter, die manierierten Körperhaltungen und Gesten – so ein furchtbares Theater. Der Klerus damals muß unglaublich dekadent gewesen sein, dass sie so viele Altarbilder bei ihm bestellt haben (wäre ich religiös, würde ich mir solche unseriösen Altarbilder verbieten!). Und doch wirken die Bilder aus manchen Blickwinkeln und in manchen Ausschnitten wie moderne abstrakte Gemälde mit genialem Farbauftrag und leichtem, unbekümmerten Pinselstrich.

Ich sitze im viel photographierten feudalen Stiegenaufgang im Oberen Belvedere und werde jetzt am Hauptbahnhof vorbei hinauf zur Lucy-Bar wandern. Bald. Noch sitze ich und schaue den Massen beim Steigen-rauf und Stiegen-runter und Photographieren zu. Eine Mutter photographiert ihre Tochter auf der Treppe und ich weiß nicht, wer von den zweien kecker posiert. Mich dürstet. Aufbruch? Wart noch ein wenig. Okay! Aufbruch.

11:49 a.m. Limonade trinke ich in der Lucy-Bar und sie schmeckt wirklich nicht schlecht. Ganz hinten sitze ich mit Durchblick quer durch die ganze Vorhalle. Ich mag den Ort und diese Bar; die schönen Lampenschirme, die dezente Möblierung, die Glasfronten links zur Straße und rechts zum Garten. Draußen quert eine Frau stolpernd die Straße. Vier Motorräder parken nach links gelehnt, eines nach rechts. Das (post-)moderne Gebäudeambiente auf der anderen Straßenseite – ich weiß nie, ob ich darauf hereinfalle – aber momentan gefällt mir sein Flair. Handyversunkene PassantInnen am Gehweg über dem „Burggraben“ (das ist die Reihenfolge von mir aus gesehen: „Burggraben“, Grünstreifen, Geh- und Radweg, Grünstreifen, Straße, Gehweg, Grünstreifen …). Die vier Rückspiegel der vier geparkten Motorräder stechen mir glänzend ins Auge, da die Fahrzeuge mit ihrem Hinterteil in meine Richtung schauen – auch über dem „Burggraben“ natürlich – sehe ich auf ihre runden Rückspiegelflächen. In der Fensterscheibe spiegelt sich übrigens der Ausschnitt eines Baumes im Museumsgarten in die Baumgruppe vor dem weißen, abgerundeten Hochhaus hinein. Typische, dezente Barmusik, jazzig, wie es sich gehört. Und angenehm kühl ist es hier. Diese Schachtelskulptur draußen (Roland Göschl – da bin ich mir sicher), jenseits des „Burggrabens“, gelb, blau, rot, befasst auch immer wieder meine Augen. Ahja: und am weißen, runden Hochhaus entdecke ich eine Regenbogenfahne (oder? So genau kenne ich die Abfolge der Farben nicht; sollte jedoch hinkommen). (Handyakku nur mehr 30%.) (Ich sitze 333° NW.)

Momentan vertrage ich keine österreichische forciert dialektale Umgangssprache, der Sound nervt mich, oder sind es die Typen, die so sprechen? Ein alter Mann mit weißem Bart radelt (schicksals?-)ergeben vorbei (Ich beschreibe bei weitem nicht alle Passierenden). Es ist angenehm, dass es zwischen mir und ihnen der „Burggraben“ ist; das gibt ein sicheres Gefühl. Soll ich auch in die Ausstellungen hier einkehren? Ein kleiner Rundgang wäre schon drin. Eine braust mit Roller hinauf. Ich bin gegen motorisierte Fahrzeuge auf Radwegen. Die Autos sind recht fad. Immer wieder wandern Kleingruppen hinunter. Ja, ich gehe Ausstellungen schauen.


(29.8.2024)


©Peter Alois Rumpf August 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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