Freitag, 30. August 2024

3760 Knallende Autotüren

 



7:41 a.m. Eine Kreissäge schneidet von Ferne elegisch in den Werktagmorgen. Eine Taube ruft herein, nachdem sich der Verkehrs- und Arbeitslärm etwas gelegt hat. Die Sonne offenbart die Trübnis am Glas der schon lange nicht mehr geputzten Fenster. Auf der Straße unten bewegen sich nur vereinzelt Autos. Die Säulengleditschien bewegen sich nicht. Ein Fußgänger, eine Fußgängerin tauchen unabhängig voneinander kurz in meinem Gesichtsfeld auf und verschwinden wieder im weiten uneinsichtigen Universum. Ein weißer Lieferwagen rollt breitbeinig und selbstbewußt vorbei (von hoch oben schaut alles etwas anders aus). Autos und Passanten werden mehr. Meine Frau kommt in mein Exilzimmer, steigt bis zum Sichtkontakt die Leiter herauf und wirft mir Küsse zu, dann steigt sie wieder hinunter und geht ihrer Arbeit nach. Ich betrachte das von ihr gemalte Landschaftsbild vom Ennstal, das oben am Klavier lehnt, und es berührt mich sehr. Ich nehme mir vor, heute die Fenster zu putzen. (Hat er nicht gemacht – der Tipper als Verräter.) Ein Motorrad wird gestartet – ich höre es, aber sehe es nicht – und gleichzeitig fährt ein Fahrradfahrer flott die Straße herunter – ich sehe ihn, aber höre ihn nicht. Manche Fußgänger kommen mir wie Wanderer vor und das gefällt mir; Wanderer, das ist ein so schönes Bild und Gleichnis. Der Lärm von Baumaschinen wird vom Zittern der sonnenbeschienen Spinnweben am Fenster begleitet. Eine Familie mit Kleinkindern rollt ihre Koffer über die Straße. Eine Kehrmaschine (kehrt um! Kehrt um! Das Ende ist nah!) unterlegt akustisch mehrere knallende Autotüren (kein brauchbarer Zugang zum Selbst! Und dieser Lärm kann die bösen, herbeigerufenen Geister nicht mehr vertreiben!). (Der Ausschnitt, den ich sehen kann, ist klein.) Meine Frau schiebt ihren sechssitzigen Krippenwagen Richtung Augarten; kurz habe ich ihre Gestalten unter den Bäumen durchs Laub hindurch gesehen. Jetzt wird es hier plötzlich ganz still, bevor wieder Autotüren zu knallen beginnen und Tauben zu rufen.


(29.8.2024)


©Peter Alois Rumpf August 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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