Freitag, 2. August 2024

3739 Ein Tag

 

9:14 a.m.  Muskel, Knochen und Sehnen tun mir weh, nur mühsam bewege ich mich, Gesicht und Augen fühlen sich verschwollen an, die Luft ist nicht wirklich frisch und der Atem … geht so. Ich komme kaum aus diesem zähen Kokon. Nichts Besonderes ist geschehen, ich vertrage Sonne und Hitze schlecht; warum auch wandere ich immer den längeren Weg ins Sulmbad zum Steinernen Wehr, der in seiner zweiten Hälfte gänzlich der prallen Sonne ausgesetzt ist? Weil ich dieses Tal so liebe und diesen ebenen Weg die Sulm entlang. Hier ist der Fluß so schön, mit seinen Mäandern und Sandbänken, im ersten Abschnitt geht der Weg im Schatten der Wälder, bis er hinausgeht in die Weite der Maisfelder und Wiesen. Auch diesen Teil des Weges liebe ich, obwohl er sich hinzieht und in der Sonne anstrengender ist.

13:50.  Nun raste ich nach Essen und Kaffee im Gastgarten der Kantine des Bades und bleibe mit Notizbuch und Pilotstift sitzen, eine leere Kaffeetasse und einen Becher Leitungswasser als Alibi – als tät‘ ich noch immer von meiner Bestellung von vorhin konsumieren – und dieser kleine Schwindel macht mich schon nervös. Wahrscheinlich werde ich deswegen hier nicht schreiben können. Es sind viele Tische unbesetzt, also nehme ich niemandem den Platz weg, aber trotzdem.

Weiße Wolkenschleier ziehen auf, Gewitter ist angesagt (zu 50 bis 70 Prozent). Es sind vor allem die hellen Kinderstimmen, die über das dominante Rauschen der Sulm hinaus kommen; dennoch ist die Stimmung hier ruhig. Die Kinder bringen eine anscheinend unbekümmerte Fröhlichkeit. Ein Mädchen schlägt in der Wiese ein Rad.

14:50.  Der Himmel zieht vom Nordwesten her zu (richtig: 251° West – der Korrektor), Sonne und Hitze sind weg und es wird angenehm. Sehr angenehm. Der Chef schließt die vielen Sonnenschirme im Gastgarten, das Bad ist nur mehr spärlich besucht; die Sulm rauscht ganz gelassen; sie scheint sich um das Gewitter nicht zu kümmern; wird’s zu viel Wasser, geht sie halt über. Auch vor dem zunehmend weiß-grauen Himmel kommt das Grün der Wiesen, Büsche und Bäume sehr gut.

16:25.  In der Nachmittagssonne stehen die einzelnen Bäume, die großen und die kleinen, jungen, mit verstärkter Dreidimensionalität da: sie wirken räumlicher als vorhin, betonen ihre individuelle Präsenz und sind so schön. Eine kleine Buche vor mir (oder Erle? Ich kann es nicht erkennen) winkt mit ihren zarten Zweigen, der Baum hinter mir rührt sich nicht, genauso wenig die Weide. Des kurzen, kaum spürbaren Regens wegen haben viele Leute vor einer Stunde das Bad verlassen. Jetzt, wo die Sonne wieder herausgekommen ist, kommen Einzelne wieder herein. Eine schöne Stimmung ist hier, aber anders als zuvor. Am Ginkgobaum hängt ein Mistkübel.

 

(1.8.2024)

©Peter Alois Rumpf August 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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