3739 Ein Tag
9:14 a.m. Muskel, Knochen und Sehnen tun mir weh, nur
mühsam bewege ich mich, Gesicht und Augen fühlen sich verschwollen an, die Luft
ist nicht wirklich frisch und der Atem … geht so. Ich komme kaum aus diesem
zähen Kokon. Nichts Besonderes ist geschehen, ich vertrage Sonne und Hitze
schlecht; warum auch wandere ich immer den längeren Weg ins Sulmbad zum
Steinernen Wehr, der in seiner zweiten Hälfte gänzlich der prallen Sonne
ausgesetzt ist? Weil ich dieses Tal so liebe und diesen ebenen Weg die Sulm
entlang. Hier ist der Fluß so schön, mit seinen Mäandern und Sandbänken, im ersten Abschnitt geht der Weg im Schatten
der Wälder, bis er hinausgeht in die Weite der Maisfelder und Wiesen. Auch
diesen Teil des Weges liebe ich, obwohl er sich hinzieht und in der Sonne anstrengender
ist.
13:50. Nun
raste ich nach Essen und Kaffee im Gastgarten der Kantine des Bades und bleibe
mit Notizbuch und Pilotstift sitzen, eine leere Kaffeetasse und einen Becher
Leitungswasser als Alibi – als tät‘ ich noch immer von meiner Bestellung von
vorhin konsumieren – und dieser kleine Schwindel macht mich schon nervös. Wahrscheinlich
werde ich deswegen hier nicht schreiben können. Es sind viele Tische unbesetzt,
also nehme ich niemandem den Platz weg, aber trotzdem.
Weiße Wolkenschleier ziehen auf, Gewitter ist angesagt (zu 50 bis 70 Prozent). Es sind
vor allem die hellen Kinderstimmen, die über das dominante Rauschen der Sulm
hinaus kommen; dennoch ist die Stimmung hier ruhig. Die Kinder bringen eine
anscheinend unbekümmerte Fröhlichkeit. Ein Mädchen schlägt in der Wiese ein
Rad.
14:50. Der
Himmel zieht vom Nordwesten her zu (richtig: 251° West – der Korrektor), Sonne
und Hitze sind weg und es wird angenehm. Sehr angenehm. Der Chef schließt die
vielen Sonnenschirme im Gastgarten, das Bad ist nur mehr spärlich besucht; die
Sulm rauscht ganz gelassen; sie scheint sich um das Gewitter nicht zu kümmern;
wird’s zu viel Wasser, geht sie halt über. Auch vor dem zunehmend weiß-grauen
Himmel kommt das Grün der Wiesen, Büsche und Bäume sehr gut.
16:25. In der
Nachmittagssonne stehen die einzelnen Bäume, die großen und die kleinen,
jungen, mit verstärkter
Dreidimensionalität da: sie wirken räumlicher als vorhin, betonen ihre
individuelle Präsenz und sind so schön. Eine kleine Buche vor mir (oder Erle? Ich
kann es nicht erkennen) winkt mit ihren zarten Zweigen, der Baum hinter mir
rührt sich nicht, genauso wenig die Weide. Des kurzen, kaum spürbaren Regens wegen
haben viele Leute vor einer Stunde das Bad verlassen. Jetzt, wo die Sonne
wieder herausgekommen ist, kommen Einzelne wieder herein. Eine schöne Stimmung
ist hier, aber anders als zuvor. Am Ginkgobaum hängt ein Mistkübel.
(1.8.2024)
©Peter Alois
Rumpf August 2024 peteraloisrumpf@gmail.com
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