3737 Hinter mir
Mittag. Hinter mir rauscht die ansonsten stille,
grünlich braune Sulm über die kleine Wehr, vor mir die verschiedenen Gebäude
der Badeanstalt, dahinter die dichte Reihe der hohen Bäume, die das Areal im
Halbkreis einfassen. Vor mir eine halbrote Blutbuche – wenn es denn so etwas
gibt - ein halb vertrockneter Zwetschkenbaum – wenn ich die unreifen Früchte
richtig erkannt habe und ich mich nicht irre – und eine junge, sicherlich
standortaffine Pappel, die sich mit jugendlichem Eifer und kindlicher
Unbekümmertheit schlank in den Himmel reckt. Das Bad zu dieser Uhrzeit und an
diesem Werktag ist mäßig besucht; es gibt also viel Platz und der Lärmpegel ist
nicht sehr hoch – das Rauschen der Sulm bleibt dominant. Selbst ein Rasenmäher
irgendwo hinten wird von der Sulm übertönt und kommt mit seinem Geheule nur
vereinzelt durch. Darf ich wieder einmal herschreiben, dass ein sanfter Wind
über das Gelände geht? Allzu heiß ist es noch nicht; im Schatten der Laubbäume
sehr angenehm. Der Himmel ist strahlend blau, kein einziges Wölkchen ist zu
sehen. Ich sitze angenehm an den Zaun gelehnt.
Nach Ćevapčići und Eiskaffee bin ich zu meinem
Aussichtsplatz oben auf der kleinen Böschung zurückgekehrt. Der Wind – immer noch
sanft – ist stärker geworden. Ansonsten hat sich nicht viel geändert.
Ich lege mich flach, drehe
mich auf die linke Seite und die ganze Landschaft kippt nach rechts und wird zu
einer senkrechten Wand, von der die Bäume unbekümmert waagrecht in den blauen
Raum hineinragen. Ich lasse meinen Blick rauf und runter gleiten, dann fallen
mir die Augen zu und meine Welt besteht aus diffusem Licht und erstarkten Geräuschen,
ein Kosmos ganz anderer Intensitäten, bevor traumartige Bilder und Szenen vor
einem dunklen inneren Hintergrund auftauchen.
Die Welt ist wieder im Lot und fade streicht mein
Auge über die Wiesen. Drei Polizisten in Uniform gehen langsam durch das
Schwimmbad Richtung Ausgang; was ihr Einsatz war, ist mir entgangen. Noch eine
Gruppe von drei Uniformierten – zwei Männer, eine Frau – kommen daher, stehen
im Schatten herum – blicken suchend und aufmerksam über das Gelände, einer
telephoniert … nach zirka 15 Minuten
gehen auch sie zum Ausgang.
Das gelbe Licht der Nachmittagssonne taucht alles,
was ist, in eine vertraute, aber darüber hinausweisende Erwartung. Das Leuchten
strahlt einerseits aus den Körpern der Menschen, Bäume und Dinge und andererseits von der
späten Sonne. Die Wirklichkeit bekommt etwas Irreales, aber Intensives; etwas
drängt aus dem Hintergrund an den Vordergrund heran und will sichtbar werden,
kommt jedoch nicht wirklich durch. Ein kleiner Vogel fliegt vorbei; weiß auch
er, dass bezüglich der Wirklichkeit noch nicht alles aufgedeckt ist? Die
Schatten des Laubes des einen Baumes tanzen auf dem grauen Stamm eines anderen.
Zunehmend isolieren sich die Sonnenlichtflecken auf den Wiesen voneinander, weil die Schatten länger
geworden sind und verstärkt dazwischen greifen. Wie die Menschen in diesem
Licht so leuchtend dahingehen und herumlaufen!
(30.7.2024)
©Peter Alois Rumpf Juli 2024 peteraloisrumpf@gmail.com
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