Mittwoch, 31. Juli 2024

3737 Hinter mir

 

Mittag. Hinter mir rauscht die ansonsten stille, grünlich braune Sulm über die kleine Wehr, vor mir die verschiedenen Gebäude der Badeanstalt, dahinter die dichte Reihe der hohen Bäume, die das Areal im Halbkreis einfassen. Vor mir eine halbrote Blutbuche – wenn es denn so etwas gibt - ein halb vertrockneter Zwetschkenbaum – wenn ich die unreifen Früchte richtig erkannt habe und ich mich nicht irre – und eine junge, sicherlich standortaffine Pappel, die sich mit jugendlichem Eifer und kindlicher Unbekümmertheit schlank in den Himmel reckt. Das Bad zu dieser Uhrzeit und an diesem Werktag ist mäßig besucht; es gibt also viel Platz und der Lärmpegel ist nicht sehr hoch – das Rauschen der Sulm bleibt dominant. Selbst ein Rasenmäher irgendwo hinten wird von der Sulm übertönt und kommt mit seinem Geheule nur vereinzelt durch. Darf ich wieder einmal herschreiben, dass ein sanfter Wind über das Gelände geht? Allzu heiß ist es noch nicht; im Schatten der Laubbäume sehr angenehm. Der Himmel ist strahlend blau, kein einziges Wölkchen ist zu sehen. Ich sitze angenehm an den Zaun gelehnt.

Nach  Ćevapčići und Eiskaffee bin ich zu meinem Aussichtsplatz oben auf der kleinen Böschung zurückgekehrt. Der Wind – immer noch sanft – ist stärker geworden. Ansonsten hat sich nicht viel geändert.

Ich lege mich flach, drehe mich auf die linke Seite und die ganze Landschaft kippt nach rechts und wird zu einer senkrechten Wand, von der die Bäume unbekümmert waagrecht in den blauen Raum hineinragen. Ich lasse meinen Blick rauf und runter gleiten, dann fallen mir die Augen zu und meine Welt besteht aus diffusem Licht und erstarkten Geräuschen, ein Kosmos ganz anderer Intensitäten, bevor traumartige Bilder und Szenen vor einem dunklen inneren Hintergrund auftauchen.

Die Welt ist wieder im Lot und fade streicht mein Auge über die Wiesen. Drei Polizisten in Uniform gehen langsam durch das Schwimmbad Richtung Ausgang; was ihr Einsatz war, ist mir entgangen. Noch eine Gruppe von drei Uniformierten – zwei Männer, eine Frau – kommen daher, stehen im Schatten herum – blicken suchend und aufmerksam über das Gelände, einer telephoniert … nach  zirka 15 Minuten gehen auch sie zum Ausgang.

Das gelbe Licht der Nachmittagssonne taucht alles, was ist, in eine vertraute, aber darüber hinausweisende Erwartung. Das Leuchten strahlt einerseits aus den Körpern der Menschen,  Bäume und Dinge und andererseits von der späten Sonne. Die Wirklichkeit bekommt etwas Irreales, aber Intensives; etwas drängt aus dem Hintergrund an den Vordergrund heran und will sichtbar werden, kommt jedoch nicht wirklich durch. Ein kleiner Vogel fliegt vorbei; weiß auch er, dass bezüglich der Wirklichkeit noch nicht alles aufgedeckt ist? Die Schatten des Laubes des einen Baumes tanzen auf dem grauen Stamm eines anderen. Zunehmend isolieren sich die Sonnenlichtflecken auf den Wiesen voneinander, weil die Schatten länger geworden sind und verstärkt dazwischen greifen. Wie die Menschen in diesem Licht so leuchtend dahingehen und herumlaufen!

 

(30.7.2024)

©Peter Alois Rumpf Juli 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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