Samstag, 27. Juli 2024

3734 Am Frauenberg

 

7:28 a.m.  Ich sitze am Frauenberg Richtung 11° N. Die Turmuhr der verschlossenen Kirche schlägt halb. Ich wollte der lokalen Göttin ein paar Kerzen spenden, aber – wie gesagt – die Kirche ist geschlossen. Nun sitz ich ganz heroben bei den keltischen und römischen Ausgrabungen, hinter mir gackern die  Hühner. Rosen und Königskerze blühen prächtig und der Feigenbaum schaut auch nicht schlecht aus. Der Ausblick in die Ebene des Ostens sowie in die Hügel des Südens ist schon sehr zugewachsen; die Vegetation hat kein Erbarmen mit Touristen, Romantikern und Pilgern. Beim Museumsbau flattert die Steirische Fahne im Wind und ist mit einer Querstange fixiert, damit sie sich nicht drehen kann. In welchem Wind sie flackert, weiß ich nicht. Dieser Ort hier – momentan ein wenig baustellenverschandelt – ich will auf  keinen Fall Romantiker sein, aber modernes Baugerät stört mich auch in seinem  Ruhestand optisch und mental, selbst in seinen harmloseren und handlichen Exponaten – dieser Ort hier also ist etwas Besonderes. Aus einiger Entfernung und im Umkreis höre ich auch Hähne krähen und Tauben gurren, während die Spatzen ganz in der Nähe lautstark tschilpen. Jetzt aber gackert ein nahes Huhn laut, aufgeregt und scharf und deutlich; ich würde sagen: Stimmlage Alt. Sehr markant schneidet das kontinuierliche Rufen des Huhns in den Sommermorgen.

Die Luft ist noch angenehm frisch und feucht vom Tau. Ach, ich liebe diesen  Platz! Ich denke immer: hier könnte ich stundenlang sitzen; aber das mache ich nie. Wie ich mich aus Erfahrung kenne, hielte ich es niemals so lange aus.

Über der Ebene unten liegt noch ein sonnenbeschienener Morgendunst; irgendwelche fernen, undeutlichen Bauwerke glitzern daraus hervor und die Turmuhr schlägt Dreiviertel. Auch die  Amseln legen eifrig los, überwölbt von einem hohen Flugzeugrauschen, das aus dieser Ferne beinah schon elegisch klingt. Eine Ameise erforscht  meinen rechten Unterarm. Ich höre nun einen Specht klopfen. Und ich, der ich hier angeblich stundenlang sitzen will, denkt jetzt: es ist langsam Zeit hinunterzugehen und das Frühstück einzunehmen.

Ich sehe beim Hinuntergehen, dass die Kirche nun offen ist, gehe rein, bekreuzige mich mit Weihwasser, werfe die Münzen für die Kerzen ein, zünde sie mit einem bereit liegendem Streichholz an, bitte die lokale Hauptgöttin und ihre Entourage um Segen für A, B, C, sowie D, E, F, G, H, I, J, K, meinetwegen auch L, M, N, und O, P, Q – ich weiß  ja auch nicht, wieviel Leut‘ man an drei Kerzen anhängen kann – verweile anstandshalber und ungeduldig noch ein wenig, hänge halt noch ein Vaterunser und ein GegrüßetseistduMaria an, steige dann den steilen Waldweg ab, an dem noch eine wunderschöne, in dunklerem, intensiven Blau aufblühende Wegwarte mein Herz erfreut.

 

(27.7.2024)

©Peter Alois Rumpf Juli 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

 

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