Montag, 15. Juli 2024

3726 Copa Cagrana

 



12:06. Ich sitze (wieder einmal – der innere Spötter), ich sitze also am Südufer der Neuen Donau und blicke auf die postmoderne Skyline des Uno-City-Viertels, auf das Wasser, in dem Leute schwimmen (unter anderen auf meine liebe Frau, die mich hierher gelotst hat) und Boote treiben, auf die Radfahrer und Passanten auf der asphaltierten Uferpromenade. Ich huste im Schatten – in der Sonne wäre mir viel zu heiß – ich habe extra meinen Klappstuhl mitgenommen, weil ich – so hat sich das meine liebe Frau vorgestellt – dasitzen und schreiben soll. (Seit einigen Tagen ist der Schreibfaden gerissen: immer das gleiche Geschreibe: Wind von dort nach da; Himmel, Wolken und Verkehrslärm, unfreundliche Beschreibungsversuche über Passanten.) Der Wind kommt von links und beugt die offensichtlich frisch gepflanzten und noch unterentwickelten Sträucher im steinbegrenzten, ins Wasser geschobenen Wiesenstücklein nach rechts. Ein Stadtgefühl kommt auf. In dieser Skyline wirkt der Donauturm mickrig, aus der Zeit gefallen und jedenfalls beiseite geschoben. Ich kann nicht verhindern, dass ich die meist recht festen Weiber in ihren Bikinis mit unentschiedenen Gefühlen und nicht unbedingt mit Vergnügen anschaue. Das ist nur heute so, dass ich das alles gar nicht wissen will. Ich meine – egal wie sie ausschauen: es ist mir unangenehm, als Angezogener so ungeschützt und sichtbar auf die Badenden und Sonnenden zu schauen. Ich bin überfordert.

Drüben am anderen Ufer wird immer noch gebaut. Vier Kräne sehe ich vor, hinter und zwischen den Bauwerken aufragen. Mir geht meine Schreiberei schon gehörig auf die Nerven – habe ich keine anderen Themen? Mein überschlagenes rechtes Bein schläft ein. Also wechsle ich von rechts auf links. Eine Frau ruft mehrmals „Georg!“. Der angebliche Drachentöter, der die Erde bearbeitet. Ein Bauer also. Am interessantesten finde ich diese schwindliche kleine Wiese, die man offensichtlich vor nicht allzu langer Zeit am Ufer ins Wasser geschoben angelegt hat – daraus kann noch etwas werden. Ich huste und huste und huste. Wie lange huste ich schon? Sechs Wochen? Acht Wochen? Ich bin zu faul um nachzuschauen. Meine liebe Frau bringt mir Wasser zum Trinken. Meine Kehle ist wirklich schon ausgetrocknet. Ich könnte auch gelähmt sein, so wie ich im mitgebrachten Sessel dasitze. Viele vorbeiflanierende Männer schauen auf meine ein paar Meter entfernt sich sonnende Frau. Die weißen Wolken am Horizont sind sehr schön: eher kleine geballte Häufchen mit beinah ins Silbrige changierenden grauen Rändern oder Flecken, eine Wolkenansammlung, die als Herde am Horizont aufgetaucht ist und langsam weiterwandert. Ein Schwan taucht seinen Kopf unter Wasser auf der Suche nach Nahrung. Wieder ist mein überschlagener rechter Fuß eingeschlafen; ich habe gar nicht bemerkt, wie ich von links auf rechts gewechselt bin. Der Schwan ist ganz ans Ufer zu den Lagernden geschwommen und hat anscheinend zu betteln versucht; als ihm niemand etwas zuwirft, schwimmt er wieder aufs Wasser hinaus, kehrt aber bald wieder um. Diese kleine Wiese vor mir mit den mickrigen Sträuchern hat es mir angetan: die hat noch Entwicklungspotential! - hoffe ich. Den obligatorischen Verkehrslärm hatte ich bis jetzt gut weggesteckt, aber nun beginnt er mich zu nerven. Die Herde der weißen Wolken zieht weiter nur am Horizont entlang. Übrigens: ich blicke Richtung 333° NW.

Ah! Jetzt kommen zwei Stehpaddler vorbei! Ich bin davon immer wieder fasziniert; es schaut so elegant aus!

Klos soll es hier auch geben, höre ich gerade. Meine Frau geht schwimmen. Ich nicht; mich verunsichert mein Husten. Die kleinen jungen Sträucher wiegen sich wieder im Wind, vor allem nach rechts. Die interessanten, aus Holzlatten gezimmerten Liegeflächen über dem Wasser, wo auch offene Flächen eingelassen sind, nur mit einem groben Netz aus Seilen als Liegefläche ausgestattet, probiere ich erst in einem nächsten Leben. Der junge, dürre Mann, der seine zeitübliche, schlappe Riesenbadehose vermutlich zur besseren Bräunung der Oberschenkel zusammengeschoben hochgezogen hat, sodass sie aufgeplustert wie eine frühneuzeitliche Prinzenhose oder eher noch wie eine Windelhose ausschaut, geht mir auf die Nerven. Er muß bemerkt haben, was ich über ihn schreibe, denn jetzt hat sie wieder „normal“ auseinadergeschoben und nun geht sie ihm bis unter die Knie. Es könnte schon sein, dass auch Gedanken Energiestrahlung in die Welt abgeben und sie damit beeinflussen. Ach! Jetzt kapiere ist es erst: wir sind hier in der Copa cagrana!


(14.7.2024)


©Peter Alois Rumpf Juli 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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