Montag, 1. Juli 2024

3720 Danke Herr Sieber

 



12:03. Ich liebe das Espresso Burggasse: das Ambiente, das Essen und den Kaffee, das Service, die Zeitungen (nämlich die richtigen für mich), den Ventilator an der Decke, der sich dreht, meistens die Musik, und heute, dass es nicht so voll ist (danke, Herr Sieber, dass Sie mich mit diesem Café bekannt gemacht haben!). Auch an der schönen hellblauen Wand (hat nichts mit Hölle zu tun) sieht eines manchmal Licht- und Schattenflecken wandern, die von der Straße draußen und den Platanen und Sträucher des kleinen Gastgartens neben der stadteinwärtigen Verkehrsader kommen.

Das Frühstück hier war übrigens eine köstliche Gönnung, die ich mir – ohne einen rechten Grund dafür zu finden – erlaubt und auf das ich mich schon seit gestern gefreut habe. Die Musik jetzt – nicht zu laut, genau richtig – ist so schön melancholisch, aber auf gekonnte, elegante, intelligente Art, die sich nicht blöder stellt, als sie ist, und doch so unschuldig und naiv, wie es die Musikgeschichte rechtmäßig hergibt; so schön, dass mir das Herz aufgeht.

Ich versuche dem Kellner, der etwas dreingeschaut hatte, als ich gleich nach dem Frühstück mein Notizbuch aus meinem Kindergartentascherl gezogen und zu schreiben begonnen hatte, zu erklären – ah! The Smiths! - dass ich kein Lokalkritiker bin. Er hat gelächelt, aber vermutlich beherrscht er zu wenig Deutsch, um mein schlampiges Genuschel zu verstehen und mein Englisch (Englisch ist sicherlich seine Muttersprache – ob aus Irland oder woher auch immer) reicht bei weitem nicht aus, das zu erklären. Reicht überhaupt nicht aus. Ich bin tatsächlich ein grauslicher Modernitätsverlierer; es ist eine Schande, wie ich abgehängt und nicht nachgekommen bin! Aber ich genieße das hier trotzdem – was bleibt mir anderes über? Das Lebenssteuer werde ich nicht mehr herumderreißen, und das rechne ich mir hoch an, dass ich trotz schamvoller Lebensbilanz und äußerst fragwürdiger Lebenssituation solche Augenblicke dennoch – immer mit mindestens einem Hauch Schwermut – genießen kann. Jetzt mach ich mich auf den Weg zur Therapie; ich werde zu Fuß wandern.

Schade, dass alle meine drei MP3-Player kaputt sind.


(1.7.2024)


©Peter Alois Rumpf Juli 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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