3738 Die Wespen sind verdammt lästig
14:14. Der
Auwald an der Sulm umfaßt großzügig das Bad zum Steinernen Wehr. Es ist heiß,
die Wespen sind verdammt lästig und umschwirren bevorzugt Essen und
Menschenköpfe. Wenn ich mich nicht täusche, jagt die eine da zu meinen Füßen
Ameisen. Ich weiß nicht, ob es das gibt. Kaum ein Lüftchen regt sich. Dafür,
dass ich es in meinem Leben zu nichts gebracht habe, treibe ich in einem
herrlichen und luxuriösen Leben: auf Urlaub am Land, satt, kaffeegeputscht, rechtschaffen
müde warte ich noch ein bißchen Verdauung ab, bevor ich mich – freilich nachdem
ich mich erst brav abgeduscht habe – ins kalte Wasser schmeiße und mich das kleine Stück zum Steinernen Wehr schwimmend
treiben lasse. Zum Schreiben habe ich mir einen schattigen, bequemen Sitzplatz erobert,
zumindest bis jetzt hat mich niemand vertrieben, obwohl ich mich sehr nahe bei
Liege- und Sitzplätzen anderer auf die lange Holzbank gesetzt habe, die
allerdings verwaist sind, also ist es ein unsicherer Frieden. Wir werden sehen.
Diese Holzbank ist in bequemer Höhe, somit sitze ich nicht zusammengekrümmt am
Boden auf der Decke, was meinem letzen Kreuz zu Gute kommt.
Der Himmel ist immer noch ganz blau, nur am Ostrand
wandern ein paar kleine, unscheinbare Wölkchen. Wo kommt der Wassertropfen her,
der in mein Notizbuch gefallen ist und die Schrift von „wandern“ auflöst? Letztlich
aus der Unendlichkeit. Da kannst nichts machen.
Die vom Liegeplatz links sind zurückgekommen und mir
kommt vor, sie sind nicht sehr erfreut, mich so nahe bei ihnen hockend
vorzufinden; ich weiß allerdings nicht, ob mein Eindruck stimmt. Vielleicht
freuen sie sich und können es nicht zeigen, vielleicht fürchten sie, dass ich
ihnen etwas stehle oder sie ermorde, vielleicht ist es ihnen völlig wurscht. Ich
denke: Ins Wasser! Lieber warte ich noch ein wenig. Aber ich werde unruhig. Der
an seinen Platz zurückgekehrte Alte macht mich nervös, mein ungesicherter
Status beunruhigt mich. Jetzt geht es wieder. Eine landwirtschaftliche Maschine
– irgendein Mähwerk vermutlich – rattert hinter mir am anderen Ufer der Sulm,
das mir jedoch nicht einsichtig ist, da es etwas höher liegt und die Böschung mit
blickdichtem Gehölz bewachsen ist. Meine Leute lesen und schlafen auf den Decken
in der Wiese. Der Alte ist wieder da und zieht sich vor mir unter einem
Handtuch um. Was soll er sonst machen, wenn ich ihm und seiner Frau so nah auf
die Pelle gerückt bin? Er läßt sich jetzt auf die Bank fallen, dass es mich
durchschüttelt; er schnauft beim Raufziehen der Badehose mindestens so viel wie
ich bei solchen Tätigkeiten. Offensichtlich tut er sich mit Bücken und Beugen
auch schon schwer.
15:32. Das
Bad ist voller geworden, trotzdem irgendwie ruhiger. Ist es die Hysterie der
Hitze, die sich mit den länger werdenden Schatten gelegt hat? Der Himmel ist
wieder vollkommen wolkenlos; die grünen und - soweit von der Sonne beschienen –
fast gelben Bäume rundherum heben sich so schön vom hellen Himmelblau ab. Eine
leichte Brise streicht mild über meine nackte Haut und die nasse Badehose. Die
vielfältigen Geräusche kommen als einzelne Tonmonaden an meine Ohren und kennen
sich nicht. Viele hölzerne Klappstühle stehen bei der Kantine drüben zu Hauf
und ergeben eine ansprechende, dreidimensionale
Graphik. Vielleicht stimmt das gar nicht mit den drei räumlichen
Dimensionen. Wie gestern zeigt sich etwas Unbegreifliches im gelben
Nachmittagslicht; selbst die Wiese scheint es aufgesaugt zu haben, während es die
Bäume leicht ins Orange verschieben.
Geht mich das ganze Badegeschehen etwas an? Ich
weiß nicht; es läuft so distanziert vor
mir ab.
(3.7.2024)
©Peter Alois Rumpf Juli 2024 peteraloisrumpf@gmail.com
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