Freitag, 7. Juni 2024

3698 Das graue Haus

 



15:44. Am kleinen Platz mit den drei Säulengleditschien. Die Sonne brennt auf meinen nackten Armen, der lebhafte Wind spielt mit meinen langen Haaren und den Zweigen der drei Bäume. Am Steinpflaster des Bodens befinden sich die zähen, angetrockneten Reste einer pickigen Flüssigkeit, denn meine Schuhsohlen kleben leicht an. Trotz allem gefällt es mir hier und es stinkt auch nicht wie gestern nach Pisse. Das Sonnenlicht hindert mich daran, ganz offen umherzuschauen; ein unglaublich quietschendes Auto fährt um die Kurve, als wäre eine Bremse angezogen (ich kenne mich mit Autos nicht aus). Nachdem sie frei geworden ist, wechsle ich auf die schattige Sitzbank (Sitzbank! Nona! Ein Geldinstitut wird es sein, auf dem du sitzt! - der innere Spötter). Hier sitzt es sich entspannter und ich bin im Schatten, andere im Licht. Kommt es vor, dass jemand in Sekunden Gestalt und Aussehen ändert und so zumindest äußerlich eine andere Person wird? Mir ist es so vorgekommen, aber vermutlich war die Person, die hinter das parkende Auto getreten ist und jene, die auf der anderen Seite hervorgekommen ist, nicht dieselbe. Das klingt vernünftiger, aber genau weiß ich es nicht. Einige Bierkapseln sind in die Fugen zwischen den Brettern der Sitzfläche gesteckt. Ich, der ich hier sitze und schreibe – jetzt übrigens mit einem schönen, dezenten, laubgefilterten Schatten meines Pilotstiftes am Papier – werde auch von vorbeifahrenden Radfahrern angeschaut. Auf dieser Bank und somit nach 289° W blickend bin ich selten oder gar noch nie gesessen. Ich betrachte das graue Haus am Ende der Gasse und den Baukran dahinter, soweit ich es – das Haus – über die parkenden Autos hinweg sehen kann. Es juckt mich am Kopf (und glaubst du im Ernst, das interessiert irgendwen? - der innere Spötter). Die Kreuzung kommt mir auf Fußgänger bezogen im Moment recht lebhaft vor. Der Wind wird stärker und zupft und zerrt an allem Beweglichen. Die Sonne wird bald hinter dem Haus verschwinden, „wenn ich mich nicht irre, haha!“ (Sam Hawkens). Ein unwillkürlicher Niesanfall (gibt es auch willkürliche? - der innere Spötter). Hinter mir quietscht irgendeine Mechanik, aber ich drehe mich nicht um. Jetzt fängt meine Nase wieder zu laufen an (hopp! Hopp! - der innere Spötter). Nun sehe ich helle Wolkenberge hinter dem grauen Haus. Pathetische Musik aus einem Auto tät ich sagen. Die Musik jetzt jedoch aus einer Wohnung – ich würde sagen: live (das heißt: jemand spielt jetzt in der Wohnung auf einer E-Gitarre). Der Himmel über dem unscheinbaren, grauen Haus ist jetzt milchig-blau. Die Sonne glitzert hinter den Wolken. Gemma auffi? Ja. Ich gehe hinauf in die Wohnung.


(7.6.2024)


©Peter Alois Rumpf Juni 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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