Freitag, 31. Mai 2024

3685 Beim offenen Hotelfenster

 



22:45. Beim offenen Hotelfenster herein die akustischen Aussendungen des (mehr oder weniger) fröhlichen Treibens am Linzer Hauptplatz. Im Großen und Ganzen distanziert und abstrakt genug, dass ich mich nicht betroffen und angesprochen fühlen muß. Die Straßenbahn jault fast stärker in den Gleisen als mein Surren an den Ohren. In mir arbeitet ein Ärger; ich würd schon sagen, wegen eine Lappalie. Mein Gott! Kann ich empfindlich sein! Eine Elektrokerze des kleinen Lusters steht ziemlich schief. Ich atme durch. Vielleicht beruhige ich mich, dann kann ich besser schlafen. Wenn der Ärger weggeht, wird die Trauer kommen, der Schmerz ist schon da. Mein Gott! Bin ich empfindlich! Langsam passe ich mich ein. „Bich“ hatte ich geschrieben statt „Bin“; das „ich“ ist stärker als das „in“. Ich entkrampfe meine linke Hand. Ich beschäftige mich mit dem roten Band meines Notizbuches, das zum Einlegen zwischen den Seiten gedacht ist, als Lesezeichen sozusagen, wenn darin auch geschrieben und nicht viel gelesen wird. Ich beschäftige mich mit diesem roten Bandl, weil es sich schon aufzulösen beginnt und das Gewebe aufspleißt und die Fäden oft abstehen und an meinen Fingern hängenbleiben und an ihren Enden auch die Fäden selber aufspleißen und einzelne Fädchen verlieren. Dafür hätte ich allerdings nicht nach Linz fahren müssen – das haben sie schon in Wien getan. 168° S.


(30.5.2024)


©Peter Alois Rumpf Mai 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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