3650 Eine Fliege fliegt
Eine Fliege summt fliegend durch mein Zimmer; ein Vorbild an Ausdauer und Konsequenz, und ich höre sie auch nicht gegen Fensterscheiben stoßen. Wenn man oder frau genau hinhört, ist das bewegende Geräusch recht interessant inklusive Dopplereffekt und Intensitätswechsel. Ah! Jetzt sitzt die Fliege. Ganz nah bei meinem Kopf; sehen kann ich sie so nicht. Jetzt fliegt sie wieder, was ja ihrem Namen nach ihr Daseinszweck sein sollte. Moment! Sind das jetzt zwei?! Oder kann sie ihr Geräusch teilen und zweistimmig summen? Einer Obertonsummerin? Jetzt hört es sich an, als wäre ein ganzer Schwarm unterwegs. Aber wenn sie sich hinsetzt, sind alle still. Spielen die „Zimmer, Küche, Kabinett, hinterm Ofen steht ein Bett“? Ich entkrampfe meine linke Hand, die sich vor Aufregung an das Notizbuch geklammert hatte. Das Summen ist nun kaum vernehmbar weil in den anderen Räumen, dafür kann ich jetzt die schleifende Rotation im Geschirrspüler von der Küche unten bis herauf hören. Mein CD-Turm scheint zu wanken, aber das kann nicht sein. Die Fliege fliegt wieder näher und setzt sich dann nieder. Schwer wie ein vollbeladener Bomber hebt sie sich von meinem Schreibtisch in die Luft und brummt aus dem Zimmer. Das andere Summen jetzt ist eindeutig von höherer Tonlage und muß von einem anderen fliegenden Individuum stammen. Nahrungsreste werden die Fliegen in meinem Zimmer nicht finden, denn hier wird niemals gegessen. Jetzt fliegt die dickere doch gegen die Fensterscheibe!
Lange lausche ich konzentriert auf das Gesumme, ob ich irgendetwas heraushören kann, aber dieses Geräusch ist mir zu variantenreich und zu komplex, als dass ich es standesgemäß beschreiben könnte. Wie oft, wenn man in monotone Geräusche hineinhört. Die Fliege ist wieder weg, jetzt kommen die Hubschrauber. Auch da bin ich mir nicht sicher, ob es einer ist oder zwei.
(5.5.2024)
©Peter Alois Rumpf Mai 2024 peteraloisrumpf@gmail.com
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