3649 Der aufgerissene Hang
Spekulation und Bauwirtschaft haben den gegenüber liegenden Hang furchtbar aufgerissen, und oben liegt der kleine Berg der Ziegeln der Flotowvilla, auf dem schon Gras wächst. Hauptsache zerstört. Diese Wunde ist grässlich und Besseres wird nicht nachkommen, vermutlich ein scheußlicher Bau. Solche Destruktivität gestehe ich nur der Mutter Natur zu (wobei es der wie auch der Marktwirtschaft völlig wurscht ist, was ich wem zugestehe). Ich rieche betörenden Hollerblütenduft heranwehen, sehe aber von hier aus keinen Holunder (Baum der Frau Holle). (Würde ich aufstehen, mich umdrehen und hinter die Hollywoodschaukel schauen, würde ich einen einzelnen voll aufgeblühten Holunderblütenstand sehen.) Den Vögel ist der schirch aufgerissene Hang auch wurscht; sie ersingen und erzwitschern sich ihre Reviere und Weibchen mit allem Drum und Dran. Eine Amsel pfeift gerade sehr schön und nahe, oder? Radkersburg ist in der Steiermark, nicht im Burgenland (stiller Kommentar zu einem aufgeschnappten Gespräch). Nein, das ist keine Amsel. Mein Ärger über den aufgerissenen Hang bewahrt mich interessanterweise davor, in die Sehnsucht nach anderen Wahrnehmungsdimensionen abzudriften. Ferne, dünne Wolkenschlieren ziehen sich über die sommerlich blauen Himmel. Ein Specht klopft. Ehrlich: wir reden aneinander vorbei – womit ich jedoch nicht behaupten will, dass sich dabei nichts abspielt. In Idylle zu verfallen verhindert der Verkehrslärm (zum klaffenden Flotowhang muß ich ja nicht hinschauen). So in einer halben Stunde werden wir aufbrechen, höre ich.
Als wir dann am Heimweg über die Brücke über den Donauarm gehen, kommen uns tausende Pappelsamen aufgeregt entgegengeflogen, als würden sie uns warnen und abhalten wollen, weiterzugehen. Aber nichts ist passiert, was ich wahrnehmen hätte können: die Brücke ist nicht eingestürzt, keine Rowdies sind uns entgegengekommen und haben uns belästigt oder attackiert. Nein, alles schien ganz normal zu sein.
(4.5.2024)
©Peter Alois Rumpf Mai 2024 peteraloisrumpf@gmail.com
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