Donnerstag, 18. Januar 2024

3525 Mir ist kalt

 



23:58. Mir ist kalt in meinem Zimmer. Ich bin schon unter der Bettdecke, nur die Hände müssen in der Kälte ausharren. Mein untergeschlüpfter Körper beginnt schon, das kalte Bett zu wärmen, das wiederum langsam meinen Leib zu erwärmen beginnt. Meine bunten Bilder an den Wänden strahlen so klar und deutlich im Schreiblampenlicht. Der schwarze Rabe am Fenster steht ganz still in der Luft. Die weiße Möwe neben meinem Kopf bewegt sich auch nicht und hat ihren Schnabel zuversichtlich und entschlossen auf das Kommende gerichtet. In ihren Augen meine ich einen Hauch Schwermut zu erkennen, aber was will man schon von einem Kleinkinderspielzeug. Rilke soll ein Arsch gewesen sein, besonders zu Frauen. Ich glaube, das könnte stimmen. Aber hier heißt glauben nichts wissen. Und seine Variante möchte ich auch gern hören. Vielleicht ist es wegen dem Mantra, das ich höre, aber wir sind im Kern alles nicht, was wir von uns denken. Und sonst auch nichts. Soeben ist eine Dunkelheit recht flott durchs Zimmer geschwebt. Mein Blick fällt auf das von meiner Tochter als Kind gemalte Auferstehungsbild. Das passt jetzt sehr gut. Ich selber jedoch pendle zwischen Banalität und Ergriffenheit. Ich zögere, eine Kerze anzuzünden. Das lasse ich für heute bleiben (ich fürchte, der viele Staub hier fängt Feuer). Lange blicke ich auf dieses abstrakte, bunte Bild der Italienerin aus der Albertina (Name vergessen) und bin wieder, wie bei der Ausstellung vor Monaten, von den Farben und Formen berührt. Und es hängt gleich neben der Katz’schen Jungen Frau. Ach und jetzt ist meine Aufmerksamkeit davon in Anspruch genommen, was der Gesang mit meinem Ohrensurren macht. Ich würde sagen, ersterer scheucht letzteres zurück, aber dieses widersteht und schrillt mit erhöhter Frequenz. Einzelne Bilder scheinen sich aus der Umgebung zu lösen und frei näher her zu schweben. Irgendetwas nehme ich wahr, was ich auch in der ersten Volksschulklasse gespürt habe, aber ich komme nicht hinein und kann nicht sehen und nicht erkennen, was es ist (das Bild, wie ich in der Klasse des Volksschulneubaus sitze und mich dieses unbestimmte Gefühl anwandelt, ist mir präsent). So eine Art innerer Riss, der die wahre Welt, die so nahe ist, unerreichbar macht. Ich lasse dieses Gefühl wieder absinken. Ich meine mich zu erinnern, dass wir einen Text über einkaufen behandelt haben mit Bildern von einem Milchgeschäft (bei einer solchen Erinnerung werde ich selber mißtrauisch). Also, ich lasse diese Gefühle wieder absinken. Meine Fingernägel könnte ich auch wieder einmal schneiden. Morgen vielleicht. Meine Füße sind noch ein wenig kalt. Heute beim Herumgehen in der schon nächtlichen Stadt habe ich erkannt, dass all die Häuser Maschinen sind. Ich muß lachen: mein kleines Auferstehungsbild, von mir gemalt nach irgendeinem berühmten, hat sich in ein Bild eines Frauengesichtes verwandelt. Schon vorbei. Nachträglich ist völlig unverständlich, wie das gehen konnte. Farben und Formen legen das nicht nahe. Irgendwo zieht es kalt unter die Decke herein. Schaumamal Mosbachers Gehölz an. Aber meine Augen gehen zu meinem kleinen – tja, wie nenne ich das? - Liturgiebildchen, Priesterbildchen, wie schon öfters in dieser Nacht (weil ich nicht recht weiß, wie ich das Bildchen – hier an der Pinnwand eh nur eine Farbkopie vom Original, das ich vor Jahren blöderweise verschenkt habe – benennen soll, erwähne ich es nicht oft. Und auch weil ich mich für seine geballte Klerikalität und sein Religionsgetue geniere), es hängt direkt über der jungen Frau von Katz. Mein Körper wird unruhig – er will sich ausstrecken und schlafen.


(17./18.1.2024)


©Peter Alois Rumpf Jänner 2024 peteraloisrumpf@gmail.com

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