Dienstag, 7. November 2023

3457 Calle Gran Capitan

 



3:01 a.m. Ich blicke zum Fenster hinüber und die Schatten in der Fensternische bewegen sich. Sie bewegen sich wirklich. Ich führe das auf meine vom Lesen ermüdeten Augen zurück, aber ein wenig bin ich doch erschrocken. Ich lasse mir das auch alleine mit dem Universum nicht anmerken, wie ich mein ganzes Leben versucht habe, mir nichts anmerken zu lassen.

10:01 a.m. Die übliche Morgengräue. Will sagen: das Grau rieselt nur so im Zimmer herum, aber die Bilder, Bücher und Kunstkarten halten optisch dagegen. Und die bunten CDs im hoch aufgerichteten CD-Turm. Allmählich dringt die Unruhe von der unteren Etage in mein verschlossenes Zimmer und meine versteckte Seele. Noch bleibe ich im grauen Versteck. Ich beruhige mich wieder.

11:26 a.m. Warum Calle Gran Capitan? Weil ich auf meiner Spanienreise vor 35 Jahren in Salamanca dort gewohnt habe und mir dieser Straßenname seit Tagen im Kopf herumgeht mit einem ganz vagen und undeutlichen Bild der Gasse im Sonnenlicht, wie ich in sie einbiege und hinaufgehe. Auf meine Erinnerung ist kein Verlaß.

Ich erinnere mich an den Schmerz, der alle meine Handlungen begleitet hat.

„Ein bedeutungsloses Leben saust vorbei wie ein Zug, der am eigenen Bahnhof nicht hält.“ (Carlos Ruiz Zafón, „Der Schatten des Windes“)


(7.11.2023)


Peter Alois Rumpf November 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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