Freitag, 27. Oktober 2023

3449 Im Kunsthaus Graz

 

13:01.  Ich sitze an der offenen Seite der halbrunden künstlichen Mauer im Kunsthaus Graz. Die Fläche, die diese Mauer umfaßt, ist für drinnen groß. Die Menschen davor – jetzt sind gerade einige in das zentrale Halbrund hereingekommen – heben sich stark vom Grau der Mauer ab. Ich nehme an, die Mauer ist aus Ytongwürfel, ohne Kleber aufgeschlichtet. Natürlich macht auch die Halle des extravaganten Museumsbaus raumgestalterisch etwas aus, wobei diese Mauer deren aufgewirbelten Charakter beruhigt. Jetzt bin ich hier wieder allein. Ein wenig wirkt das wie eine Memorialmauer, nur namenlos. Die Menschen, die hier hereinkommen, werden hier – ob sie es wollen oder nicht – zu Darstellern. Jede ihrer Bewegungen, Haltungen, Posen bekommen Bedeutung (oder deren Bedeutung wird durch das Setting hervorgeholt). Ich bin von einer Besucherin fast unbemerkt photographiert worden – diese Bedeutungssache funktioniert wechselseitig). Jetzt  sitze ich nicht mehr allein auf der Bank; der junge Mann neben mir verwendet Parfum; eh dezent. Auch er photographiert die Mauer, die sich aus dem Halbrund heraus noch länger hinzieht, so wie ich es vorhin getan habe, und steht dann auf und geht ab. Die Geräusche der Lüftungsanlage wirken unter dem “Druck“ des Ambientes wie ein antiker, aber sprachloser, menschenleerer, abstrakter, anonymer Chor in diesem Theater. Jetzt schweigt der Chor und treibt nicht mehr das Geschehen weiter und man und frau hören einzelne Menschenstimmen, die jedoch schon wieder abgehen. Die Leuchtspiralen an den Deckenfenstern sind sehr stark. Die Lüftung (oder Klimaanlage) springt wieder zu ihrem monotonen Singsang an. Hat sie etwas zu sagen? Kommentiert sie das Stück? Ein akustisches Mene mene tekel upharsin? „Gewogen und zu leicht befunden“? Ich stehe jetzt auf und gehe ab.

Farblich bin ich jetzt via Pilotstift blauer geworden und ich blicke durch die ebenerdige Glasfront zur Muruferstraße hinaus. Mir ist heiß, ich bin zu warm angezogen. Ich lege mein Sakko nicht ab. Und immer wieder diese seriösen, ernsthaften Bäume; hier der Ufersaum. Vom vollen Café her der Schwall der vielen Gespräche; draußen die Karawane der Autos, die immer wieder an der Kreuzung von der Ampel eingebremst wird. Die hin und her gehenden Museumsbesucher:innen, manche zielgerichtet und in Eile, manche flanieren entspannt.

(27.10.2023)

Peter Alois Rumpf Oktober 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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