3449 Im Kunsthaus Graz
13:01. Ich
sitze an der offenen Seite der halbrunden künstlichen Mauer im Kunsthaus Graz.
Die Fläche, die diese Mauer umfaßt, ist für drinnen groß. Die Menschen davor –
jetzt sind gerade einige in das zentrale Halbrund hereingekommen – heben sich
stark vom Grau der Mauer ab. Ich nehme an, die Mauer ist aus Ytongwürfel, ohne
Kleber aufgeschlichtet. Natürlich macht auch die Halle des extravaganten
Museumsbaus raumgestalterisch etwas aus, wobei diese Mauer deren aufgewirbelten
Charakter beruhigt. Jetzt bin ich hier wieder allein. Ein wenig wirkt das wie
eine Memorialmauer, nur namenlos. Die Menschen, die hier hereinkommen, werden
hier – ob sie es wollen oder nicht – zu Darstellern. Jede ihrer Bewegungen,
Haltungen, Posen bekommen Bedeutung (oder deren Bedeutung wird durch das
Setting hervorgeholt). Ich bin von einer Besucherin fast unbemerkt photographiert
worden – diese Bedeutungssache funktioniert wechselseitig). Jetzt sitze ich nicht mehr allein auf der Bank; der
junge Mann neben mir verwendet Parfum; eh dezent. Auch er photographiert die
Mauer, die sich aus dem Halbrund heraus noch länger hinzieht, so wie ich es
vorhin getan habe, und steht dann auf und geht ab. Die Geräusche der Lüftungsanlage
wirken unter dem “Druck“ des Ambientes wie ein antiker, aber sprachloser,
menschenleerer, abstrakter, anonymer Chor in diesem Theater. Jetzt schweigt der
Chor und treibt nicht mehr das Geschehen weiter und man und frau hören einzelne
Menschenstimmen, die jedoch schon wieder abgehen. Die Leuchtspiralen an den
Deckenfenstern sind sehr stark. Die Lüftung (oder Klimaanlage) springt wieder
zu ihrem monotonen Singsang an. Hat sie etwas zu sagen? Kommentiert sie das
Stück? Ein akustisches Mene mene tekel upharsin? „Gewogen und zu leicht
befunden“? Ich stehe jetzt auf und gehe ab.
Farblich bin ich jetzt via Pilotstift blauer
geworden und ich blicke durch die ebenerdige Glasfront zur Muruferstraße hinaus.
Mir ist heiß, ich bin zu warm angezogen. Ich lege mein Sakko nicht ab. Und
immer wieder diese seriösen, ernsthaften Bäume; hier der Ufersaum. Vom vollen Café
her der Schwall der vielen Gespräche; draußen die Karawane der Autos, die immer
wieder an der Kreuzung von der Ampel eingebremst wird. Die hin und her gehenden
Museumsbesucher:innen, manche zielgerichtet und in Eile, manche flanieren
entspannt.
(27.10.2023)
Peter Alois Rumpf Oktober 2023 peteraloisrumpf@gmail.com
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