Mittwoch, 18. Oktober 2023

3436 Freiheit für Krähen und Füße!

 



Albertina. Bei den Werefkins schaue ich zum ersten Mal in die Bildtiefe, in die Weite der Landschaft, in die Hoffnung, dass dort hinten sich die Verstelltheit des dualen Raumes aufgelöst hat. Ich wollte heute gar nicht unbedingt in die Batliner-Sammlung (die ich liebe), sondern in eine aktuelle Ausstellung, die aber noch gar nicht eröffnet ist. So blicke ich nun auf den Bunten Berg von Jawlensky und auf den Oberstdorfer Wald. Madame Boeckl hat etwas Kindchenhaftes, scheint mir, wie alt waren die bei der Hochzeit? (nein, nur vier Jahre ist er älter als sie; wenn das Bildnis wirklich seine Frau darstellt, war sie damals 22 Jahre alt; also nichts zu meckern, du rumpfiger Denunziant! - der vernünftige Eintipper.)
Ach Kokoschka! Meine Seele erholt sich beim Anblick deiner Städte. Und du weißt, dein London ist mir eine himmlische Stadt. Im Vorbeigehen wölbt sich das Bild zu mir her. Schöner als Venedig ist dieses London. Lange sitze ich davor. Woher eigentlich wußten die Genossen damals im Jahr des Herrn 1975, mit wem ich in London war? Die Dame war in unseren revolutionären Kreisen nicht so bekannt. Mein London war düster und ich war knapp bei Kasse und mit der Begleiterin … zerstritten wäre fast zu euphemistisch. (Stinke ich eigentlich? Ich bin nicht sicher.) Und „in Dresden, da steht ja die Elbe so still, und die Stadt fließt so träge vorbei …“ (Wolf Biermann).

Ich zwinge meinen Geist (und meine Vorstellung), mir zu erlauben, weiterzugehen. Den depperten Kardinal lasse ich links liegen; ein paar Andachtssekunden beim Klee. Ein wenig setze ich mich zum Arbeiter der Frau Motesiczky und nicke Beckmanns Selbstbildnis als Mann mit Hut zu. Ist der Arbeiter in seiner Welt auch so freundlich, wie auf dem Bild?

Jetzt habe ich mich draußen im Freien auf der Albertinarampe auf eine Bank gesetzt, bei den beschnittenen Bäumen und dem zugespitzten Dachl von diesem Dings, … dem Architekten, der ausgeschaut hat wie unter einem Stein hervorgeholt (Grüß dich, Brigitte!). Nicht sooo toll hier, der Wind ist kalt und lästig, aber es geht schon. Ich könnte diesmal anders abgehen, wirklich in den Burggarten hinunter; schaut von oben (und oben bin ich an sich ganz gern) ganz einladend aus. Eine Schulklasse stellt sich vor der Albertina an; brav in der Reihe, aber trotzdem unbekümmert lebhaft.

Ich gehe hinunter. Von der Terrasse des Albertina-Cafés tönt Musik – nicht die schlechteste – aber mich stören immens diese von Topfpflanzen verbarrikadierten Schanigärten. Freiheit für die Füße, den Ausblick, und die Kommunikation mit der Umgebung!

Der Burggarten, dieser hainartige Park, ohne Unterholz und mit gepflegtem Rasen – heute gefällt mir das (ich weiß auch nicht immer, was mit mir los ist). Trotz Rasenmäherlärm und schwindlichen Einzäunungen. Aber die Bäume, die retten diese kleine Landschaft mit den asphaltierten Wegen. Freilaufende Hunde (ist das erlaubt?) und wirklich viele Bänke. Taubenschwärme und Krähen. Mit einer Nebelkrähe rede ich. Sie kommt auf mich zu, ich vermute sie will etwas zum Fressen. Ich erkläre ihr, dass ich nichts dabeihabe. Sie versteht es und dreht gleich um und hüpft über den Rasen.
Der Lärm hier wird mir doch zu viel.

(18.10.2023)

Peter Alois Rumpf Oktober 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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