Donnerstag, 31. August 2023

3374 Jetzt pfeift der Wind

 



Ich sitze wieder neben der Schneiderpuppe, mit dem linken Oberarm an ihre Hüfte gelehnt, und schaue zum Atelierfenster in den Hof hinaus. Der Wind ist böig und zeitweise heftig und die Zweige und Äste der Hofbäume tanzen in unglaublich schöner und freier Choreographie. Manchmal sind es einzelne Ästchen und Zweiglein, die sich sanft bewegen, manchmal kleine Grüppchen, irgendwie doch aufeinander bezogen in ihren eigenständigen Bewegungen, manchmal aber neigen, beugen, drehen und heben sich alle in feierlicher Elegance und pathetischer Pracht, begleitet vom Rauschen des erstarkten Windes und vom Klappern und Schlagen irgendwelcher Türen oder Fenster. Ich spüre den Wind auf meiner Stirn; er kommt bis zu mir an die hintere Wand her. Jetzt pfeift der Wind tief und rau, während die Äste und Zweige der Essigbäume und des Weidenbaumes erregt herumtänzeln. Dann wird alles wieder ruhiger. Die ganze Baumgruppe dreht nun ihre Kronen nach links, und zusätzlich fährt ein einzelner Windstoß von rechts oben nach links unten durch, wie ein Windstrahl nur auf einem schmalen, deutlich erkennbaren Streifen. Dann drehen sie die großen und kleinen Bewegungen gemeinsam zurück und halten inne, bevor wieder einzelne Blätter und Zweige zu tänzeln beginnen. Die Sonne scheint. Der Himmel ist blau. Es ist frisch. Es geht auf Mittag zu. Wieder läuft ein Windstoß durchs Geäst, dreht die einen so, die andern anders, gleichzeitig, wie abgesprochen. So ein spannender Tanz! So ein schöner Tanz, der mich traurig macht. Oder besser gesagt: schwermütig. Tanzen – das wär’s! Und der Himmel ist von so sanftem Blau!

(31.8.2023)

Peter Alois Rumpf August 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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