Montag, 3. April 2023

3154 Ohne Kopfbedeckung

 



Die Uhr von Maria am Gestade schlägt zehn. Ich sitze da am schönen Platz und bin ohne Kopfbedeckung unterwegs. Die Bücherei hat noch zu. Eine Schulklasse in Begleitung marschiert hinterm Brunnen vorbei. Ein akustisches Klavier fährt unten auf der Straße vorbei. Ich entwickle mich durchaus zum Smartphonejunkie. Eine extrem heißere Krähe (Stimmbruch?) schreit die ganze Zeit in heller Aufregung. Ein sehr großes Tier, das da im Baum über mir sitzt, kommt mir vor. Will sie mich von der Bank vertreiben und an den Mistkübel kommen? Diese Vormittagsstimmung hat was! Die Uhr von Maria am Gestade schlägt Viertel. Mir wird fad. Auf in die Bücherei; ich gehe zu Fuß hin (teilweise, wie sich später herausstellt). Der innere Aufruf verhallt ungehört. Dafür gebe ich Touristen Auskunft. Ich freue mich immer, wenn ich für jemanden etwas tun kann. Oder soll ich sagen: wenn ich jemanden belehren kann? Ich studiere unauffällig (kommt mir vor) die Menschen, die vorbeigehen. Sehr weit komme ich damit nicht. He! He! Warum ist mir jetzt komisch? Ich scheine in eine Trance zu rutschen mit Andrängen uralter Erinnerungen. Es sind das die Lastwagengeräusche, die mein Bewußtsein wegzerren. Ich werde mich körperlich bewegen; das könnte helfen. Auf in die Bücherei.

In der Hauptbücherei betrachte ich aus dem Panoramafenster das Kollektiv der Tauben am Dach der Stadtbahnstation, die Berge in der Ferne und die zunehmende, noch flache Bewölkung (beim Weggehen hat noch die Sonne geschienen). Und die Schienen der U6, die betrachte ich auch. Die Gürtelbäume unten schlagen aus, das Polizeiauto blinkt blau (wie passend!), der Verkehr ist lebhaft („lebhaft“ – unpassendes Wort in Bezug auf Container-, will sagen: Autoverkehr). Ich bin nervös, da ich die ausgeliehenen Bücher noch nicht verbucht habe, aber schon in meinem Rucksack sind („Bücher verbuchen“ – eigentlich auch merkwürdig). Auf ein Buch warte ich noch, das aus dem Magazin geholt wird. Noch ein Blaulicht, das ich nicht identifizieren kann. Ich sitze wie auf Nadeln, ich kann mich hier nicht entspannen, trotz Aussichtsplatz in der ersten Reihe. Wie gesagt: die Bäume schlagen aus, die Tauben fliegen auf, mehrere Sirenen, wieder Blaulicht. Vielleicht ist das, was ich da unten sehe, zu unruhig, zu funktionell, zu laut und zu nah.




(31.3.2023)

©Peter Alois Rumpf März 2023 peteraloisrumpf@gmail.com

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