Freitag, 3. März 2023

3116 Eheliches Einkaufen

 

Im Laufe einer längeren Ehe können sich leicht verschiedene Spielchen entwickeln – so auch bei uns. Mein Frau neigt dazu, alle fünf Minuten eine neue Idee zu haben (und ich zu übertreiben), von der sie begeistert ist und irgendwie erwartet sie – kommt mir vor – dass auch ich begeistert sein sollte und in begeisterten, zustimmenden Jubel ausbrechen. Ich aber kenne das Spiel schon und weiß, dass sie in fünf Minuten vielleicht alles ganz anders will – was mich nicht daran hindert, immer wieder darauf reinzufallen – aber ich habe mir angewöhnt, dazu ein undurchschaubares, tiefsinniges Gesicht aufzusetzen und eventuell noch ein undeutliches  „hm! hm!“ von mir zu geben mit ergebnisoffenem Ausdruck.

Heute waren wir wie so oft gemeinsam beim Hofer einkaufen. Das ist sowieso von vornherein spannungsgeladen, denn mein ideales Einkaufen ist: da! da! da! fertig und nichts wie raus. Für meine Frau ist das Freizeit und Erholung: sie gerät in Trance, schaut dies an und das an, nimmt es heraus, legt es wieder zurück, um nach ein paar Schritten umzukehren und es doch herauszunehmen und herumzutragen. Ich lade inzwischen die Sachen, von denen ich weiß, dass wir sie brauchen, in den Einkaufswagen und habe Mühe meine liebe Frau bei ihrem berauschten Tanz durch den Einkaufstempel wieder zu finden, auf dass sie ihre liebevoll umarmten Waren  - will sagen: sie trägt sie in den Armen umher - in das Wagerl legen kann. So weit – so üblich. Bei uns nimmt so ein Einkauf schnell Dimensionen eines Großeinkaufs an: es gilt, den Bedarf für eine Woche (oder wenigstens für eine halbe) von fünf Tageskindern zu besorgen; am Wochenende kann Besuch zu uns kommen: meine Frau hat fünf Kinder und drei Enkelkinder, Verwandtschaft … also unser supergroßer Supertrolley ist schnell voll. Ich leere vorm Einkaufengehen unsere Ikeatasche, die uns als hängender Papierkorb dient, im Hof unten aus, um für leichtere Sachen eine zusätzliche Transportmöglichkeit zu haben und diesmal haben wir auch noch – meine Anregung! - das Altglas aus dem Vorzimmer in seinem Sack mitgenommen, weil letzterer dann auch noch als Einkaufstasche genutzt werden kann. Ich stelle klar, dass wir kein Auto haben und zu Fuß unterwegs sind – alles jedoch in akzeptabler Entfernung. Auch diesmal wird der Einkaufwagen im Supermarkt sehr voll und zum Transport nach Hause benutzen wir Trolley – den zu ziehen ist mein Job – und die zwei Säcke, die mit leichterem Zeugs gefüllt, meine Frau trägt. Da ist es schon ein bißchen hin und her gegangen – nehme ich ihr eine Tasche ab? Nein? Ja? Nein! - sagt sie!

Wie so oft gibt es beim Hofer nicht immer alles und so bleiben auch heute ein paar Posten offen und dafür gehen wir zum Billa. Ich schlage meiner Frau am Heimweg vom Hofer vor, sie solle mir die Sachen, die sie noch braucht, auf einen Zettel schreiben und ich gehe gleich anschließend zum Billa – mein liebe Frau hat nach einer Fünftagewoche mit den Tageskindern, Praktikanten in Ausbildung, Praktikantennachbesprechung, Yogaunterricht etc etc eine anstrengende Woche hinter sich und hält heute Abend noch einen Yogakurs und hat morgen noch Weiterbildungstermine.

Jetzt geht das Spiel los: „Ach!“, sagt sie, „ich gehe gleich jetzt am Heimweg zum Billa rein“. „Mit zwei vollen Taschen umgehängt“, denke ich mir, „ich werde sie ihr dort einfach abnehmen, wenn ich dann auch wie ein Esel bepackt vorausgehe. Sagen tu ich jetzt nichts, um mir diese Hin-und-her-Diskussionen zu ersparen.“ Dann meint sie: „Nein, es ist doch gescheiter, wir bringen die Hoferlieferung zuerst nach Hause und gehen dann zum Billa, ich bin doch schon müde!“ „Gut“, sage ich, „ich mach das; schreib mir nur deine Waren auf.“

Zwischenbemerkung: Unsere Einkäufe sind zum Teil für uns und unsere Großfamilie und zum Teil für die Arbeitsstätte Tagesmutter – und dafür weiß nur meine Frau als Geschäftsführerin, was sie braucht. Ich möchte betonen, dass ich nicht der Trottel bin, der nicht weiß, was eingekauft werden muß – im Gegenteil: vor dem Tagesmutterjob meiner Frau hatte ich oft mehr Überblick darüber, was gebraucht wird, und auch jetzt ist es noch so, dass für manche Bereiche (Katze zB) ausschließlich ich zuständig bin und auch sonst kaufe ich immer wieder ergänzend Übersehenes ein. Wiewohl ich zugebe, dass ich – im Gegensatz zu früher – nur mehr ganz selten selber koche und ich somit auch einkaufsmäßig als selbständiger Einkäufer abgebaut habe. Zwischenbemerkung Ende.

Dann schlägt meine Frau vor, dass sie den Billa morgen macht. Ich lehne das ab, denn ich weiß schon, dass sie morgen Stress gehabt haben wird und erschöpft sein und zwischen ihren Terminen kaum Zeit. Außerdem befürchte ich dann morgen Nachmittag einen Anruf, dass sie es doch nicht schafft und ich dann sofort und in letzter Minute vor Ladenschluß aufspringen muß. Nachdem ich diese Variante abgelehnt habe, will sie mir einreden, dass wir jetzt alles nach Hause transportieren, wir uns dann ausrasten und wir (oder doch ich?) später zum Billa gehen. Da sage ich wirklich und entschieden „nein!“. Denn ich hasse es  - besonders im Winter – x-mal am Tag die Kleidung zu wechseln. Allein schon die Winterstiefel aufschnüren und dann weit genug Zunge und Lasche öffnen, dass ich herausschlüpfen kann, ist Schwerarbeit. Und das Hineinschlüpfen dann beim Wiederhinausgehen erst recht: die Schuhbandeln sind ungleich lang; ich muß beim Schnüren die richtigen Haken erwischen im dürsteren Vorzimmer mit der Lampe mit dem meinetwegen schönen, aber bescheuerten, die Birne umschließenden und so  lichtabsorbieren Lampenschirm … nein! Einmal am Tag rein in die Stiefel und einmal raus: das ist genug! Außerdem kann ich es nicht leiden, fünf Mal am Tag die bequeme, häusliche, zerfallende Rumrutschhose ausziehen und die Ausgehhose anlegen zu müssen und retour (das Hineinschlüpfen in die zerfallende Rumrutschhose ist eine besondere Hausforderung, denn ich muß sehr aufpassen, sie und ihre Nähte dabei mittels Zehennägel oder durch die angewandte Zugkraft nicht völlig zu zerlegen). Und die voluminöse zerfallende Winterjacke! Ist noch alles da, oder schon etwas durch die diversen Löcher gerutscht? Nein! Das ist Schwerarbeit, für die ich 50% meiner Tagesenergie verbrauchen muß. Nein! Kommt nicht in Frage. Ich gehe gleich anschließend zum Billa! Wenn ich schon mein Supermankostüm unter Stöhnen und Ächzen angezogen habe und somit außenweltbereit bin, dann will ich auch in einem Aufwaschen alle Supermantätigkeiten erledigen! Dann wieder nach Hause, raus aus diesen Klamotten und rauf in meine Kemenate!

 

(3.3.2023)

©Peter Alois Rumpf  März 2023   peteraloisrumpf@gmail.com

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