3116 Eheliches Einkaufen
Im Laufe einer längeren Ehe können sich leicht verschiedene
Spielchen entwickeln – so auch bei uns. Mein Frau neigt dazu, alle fünf Minuten
eine neue Idee zu haben (und ich zu übertreiben), von der sie begeistert ist
und irgendwie erwartet sie – kommt mir vor – dass auch ich begeistert sein
sollte und in begeisterten, zustimmenden Jubel ausbrechen. Ich aber kenne das
Spiel schon und weiß, dass sie in fünf Minuten vielleicht alles ganz anders
will – was mich nicht daran hindert, immer wieder darauf reinzufallen – aber
ich habe mir angewöhnt, dazu ein undurchschaubares, tiefsinniges Gesicht
aufzusetzen und eventuell noch ein undeutliches
„hm! hm!“ von mir zu geben mit ergebnisoffenem Ausdruck.
Heute waren wir wie so oft gemeinsam beim Hofer einkaufen. Das ist sowieso von vornherein spannungsgeladen, denn mein ideales Einkaufen ist: da! da! da! fertig und nichts wie raus. Für meine Frau ist das Freizeit und Erholung: sie gerät in Trance, schaut dies an und das an, nimmt es heraus, legt es wieder zurück, um nach ein paar Schritten umzukehren und es doch herauszunehmen und herumzutragen. Ich lade inzwischen die Sachen, von denen ich weiß, dass wir sie brauchen, in den Einkaufswagen und habe Mühe meine liebe Frau bei ihrem berauschten Tanz durch den Einkaufstempel wieder zu finden, auf dass sie ihre liebevoll umarmten Waren - will sagen: sie trägt sie in den Armen umher - in das Wagerl legen kann. So weit – so üblich. Bei uns nimmt so ein Einkauf schnell Dimensionen eines Großeinkaufs an: es gilt, den Bedarf für eine Woche (oder wenigstens für eine halbe) von fünf Tageskindern zu besorgen; am Wochenende kann Besuch zu uns kommen: meine Frau hat fünf Kinder und drei Enkelkinder, Verwandtschaft … also unser supergroßer Supertrolley ist schnell voll. Ich leere vorm Einkaufengehen unsere Ikeatasche, die uns als hängender Papierkorb dient, im Hof unten aus, um für leichtere Sachen eine zusätzliche Transportmöglichkeit zu haben und diesmal haben wir auch noch – meine Anregung! - das Altglas aus dem Vorzimmer in seinem Sack mitgenommen, weil letzterer dann auch noch als Einkaufstasche genutzt werden kann. Ich stelle klar, dass wir kein Auto haben und zu Fuß unterwegs sind – alles jedoch in akzeptabler Entfernung. Auch diesmal wird der Einkaufwagen im Supermarkt sehr voll und zum Transport nach Hause benutzen wir Trolley – den zu ziehen ist mein Job – und die zwei Säcke, die mit leichterem Zeugs gefüllt, meine Frau trägt. Da ist es schon ein bißchen hin und her gegangen – nehme ich ihr eine Tasche ab? Nein? Ja? Nein! - sagt sie!
Wie so oft gibt es beim Hofer nicht immer alles und so
bleiben auch heute ein paar Posten offen und dafür gehen wir zum Billa. Ich
schlage meiner Frau am Heimweg vom Hofer vor, sie solle mir die Sachen, die sie
noch braucht, auf einen Zettel schreiben und ich gehe gleich anschließend zum
Billa – mein liebe Frau hat nach einer Fünftagewoche mit den Tageskindern,
Praktikanten in Ausbildung, Praktikantennachbesprechung, Yogaunterricht etc etc
eine anstrengende Woche hinter sich und hält heute Abend noch einen Yogakurs
und hat morgen noch Weiterbildungstermine.
Jetzt geht das Spiel los: „Ach!“, sagt sie, „ich gehe gleich
jetzt am Heimweg zum Billa rein“. „Mit zwei vollen Taschen umgehängt“, denke
ich mir, „ich werde sie ihr dort einfach abnehmen, wenn ich dann auch wie ein
Esel bepackt vorausgehe. Sagen tu ich jetzt nichts, um mir diese
Hin-und-her-Diskussionen zu ersparen.“ Dann meint sie: „Nein, es ist doch
gescheiter, wir bringen die Hoferlieferung zuerst nach Hause und gehen dann zum
Billa, ich bin doch schon müde!“ „Gut“, sage ich, „ich mach das; schreib mir
nur deine Waren auf.“
Zwischenbemerkung: Unsere Einkäufe sind zum Teil für uns und
unsere Großfamilie und zum Teil für die Arbeitsstätte Tagesmutter – und dafür
weiß nur meine Frau als Geschäftsführerin, was sie braucht. Ich möchte betonen,
dass ich nicht der Trottel bin, der nicht weiß, was eingekauft werden muß – im
Gegenteil: vor dem Tagesmutterjob meiner Frau hatte ich oft mehr Überblick
darüber, was gebraucht wird, und auch jetzt ist es noch so, dass für manche
Bereiche (Katze zB) ausschließlich ich zuständig bin und auch sonst kaufe ich
immer wieder ergänzend Übersehenes ein. Wiewohl ich zugebe, dass ich – im
Gegensatz zu früher – nur mehr ganz selten selber koche und ich somit auch
einkaufsmäßig als selbständiger Einkäufer abgebaut habe. Zwischenbemerkung
Ende.
Dann schlägt meine Frau vor, dass sie den Billa morgen
macht. Ich lehne das ab, denn ich weiß schon, dass sie morgen Stress gehabt
haben wird und erschöpft sein und zwischen ihren Terminen kaum Zeit. Außerdem
befürchte ich dann morgen Nachmittag einen Anruf, dass sie es doch nicht
schafft und ich dann sofort und in letzter Minute vor Ladenschluß aufspringen
muß. Nachdem ich diese Variante abgelehnt habe, will sie mir einreden, dass wir
jetzt alles nach Hause transportieren, wir uns dann ausrasten und wir (oder
doch ich?) später zum Billa gehen. Da sage ich wirklich und entschieden „nein!“. Denn
ich hasse es - besonders im Winter –
x-mal am Tag die Kleidung zu wechseln. Allein schon die Winterstiefel
aufschnüren und dann weit genug Zunge und Lasche öffnen, dass ich
herausschlüpfen kann, ist Schwerarbeit. Und das Hineinschlüpfen dann beim
Wiederhinausgehen erst recht: die Schuhbandeln sind ungleich lang; ich muß beim
Schnüren die richtigen Haken erwischen im dürsteren Vorzimmer mit der Lampe mit
dem meinetwegen schönen, aber bescheuerten, die Birne umschließenden und
so lichtabsorbieren Lampenschirm … nein!
Einmal am Tag rein in die Stiefel und einmal raus: das ist genug! Außerdem kann
ich es nicht leiden, fünf Mal am Tag die bequeme, häusliche, zerfallende
Rumrutschhose ausziehen und die Ausgehhose anlegen zu müssen und retour (das
Hineinschlüpfen in die zerfallende Rumrutschhose ist eine besondere
Hausforderung, denn ich muß sehr aufpassen, sie und ihre Nähte dabei mittels
Zehennägel oder durch die angewandte Zugkraft nicht völlig zu zerlegen). Und
die voluminöse zerfallende Winterjacke! Ist noch alles da, oder schon etwas
durch die diversen Löcher gerutscht? Nein! Das ist Schwerarbeit, für die ich 50%
meiner Tagesenergie verbrauchen muß. Nein! Kommt nicht in Frage. Ich gehe
gleich anschließend zum Billa! Wenn ich schon mein Supermankostüm unter Stöhnen
und Ächzen angezogen habe und somit außenweltbereit bin, dann will ich auch in
einem Aufwaschen alle Supermantätigkeiten erledigen! Dann wieder nach Hause,
raus aus diesen Klamotten und rauf in meine Kemenate!
(3.3.2023)
©Peter Alois Rumpf März
2023 peteraloisrumpf@gmail.com
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