2995 Mit liebenden Augen anfassen
2:57 a.m. Wie ich
diese nächtliche Stille liebe! Und mein kleines Zimmer wirkt für mich im
Lichtkegel der Leselampe im Bett sitzend in seiner relativen Dunkelheit rundum
so groß und hoch. Was für eine eigenartige Stimmung aufkommt. Ich glaube fast,
ich übe das Sterben: still mich meiner Schätze hier innewerden und sie stolz
loslassen. Sie nur mit liebenden Augen anfassen, nichts mehr erwarten, dem
Surren in den Ohren zuhören, ein paar belächelte Illusionen über die
Wirkungsgeschichte meiner Texte begrüßen und pflegen – das allerdings fällt mir
am schwersten: nicht mehr verhindern zu können, dass bei Erfüllung meiner
illusorischen Hoffnungen für die Zeit nach meinem Tod meine Texte falsch „verbessert“ werden; meine
absichtlichen Verstöße gegen Rechtschreibung, Grammatik und stilistische Moral
(zB Wortwiederholungen! Ich bin eigentlich ein Geschichtenerzähler, kein
Schriftsteller – ich habe Zuhörer, nicht Leser) ausgemerzt werden. Aber das
loszulassen werde ich auch noch hinbekommen! Aber vielleicht gehen meine Texte
eh einfach unter und ich muß mich nicht ärgern. Ich lenke meine Aufmerksamkeit
wieder ins Zimmer zurück. Die Wellen, die ich jetzt durch die Wirklichkeit
laufen spüre und für einen Moment auch gesehen habe, werden mir beim Auflösen helfen.
Meine Hustenanfälle reißen an meinen Versuchen zur Konzentration. Nun hocke ich
wieder ganz ruhig da. Sofort wird das Surren das stärkste Element der
anschwappenden Wirklichkeit: es überdröhnt alles andere. Ich werde mich jetzt
flach legen, das Licht löschen und im Dunkeln den Stimmen des Universums
lauschen.
(29.11.2022)
©Peter Alois
Rumpf November 2022 peteraloisrumpf@gmail.com
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