2950 Gottvater rieselt der Dreck den Rücken runter
Die Stadt hinter den Mauern. Die Sonne scheint teilweise
herein. Die groteske Säule ist auch lichtbeschienen und schmutzbelegt, was ihr –
beides! – gut tut. Kurz habe ich geglaubt, der Heilige Geist hat sein Köpfchen
nach unten, aber falsch! Es ist richtig, wie es sich gehört hat er den Kopf
nach oben. Ich werde zur Säule gehen und
dann in die Kirche, die lokalen Geister bestechen. Wenn sie offen ist, was sie laut Kirchenrecht sein muß
(ich muß mich nicht im Vorhinein aufregen!). Nun sitze ich hinter der
Pestsäule, den mehr oder weniger heiligen Sebastian kann ich erkennen und den
Heiligen St. Florian - schon' unser Haus – zünd’s andre an. Beide recht
schiefköpfig (die Barocke ist ein elendiges Theater, völlig unernst und
scheinheilig). Gottvater rieselt der Dreck den Rücken runter und auch dem
halbnackten Sohn – wie mir manchmal der Schauder. Die Heilige Miriam versucht’s
hinzubekommen, aber sie sitzt auch so komisch da mit obszönem Hüftschwung und
koketter Beinarbeit. Nur ein paar Sekunden lang verstummen die Autos – von meiner
Blasphemie geschockt? – dann geht der penetrante Lärm gleich wieder los. Mein lautes
Gerede vorhin im Kaffeehaus am Handy war blöd: Entschuldige, Universum! Entschuldige,
universale Ethikkommission! Es war blöd und eigendünklerisch! Ich hoffe, ich
habe damit die Welt nicht zu sehr durcheinander gebracht! Ich habe nämlich – mea
culpa, mea culpa, mea maxima culpa – einen
Keileranruf von Greenpeace abgekürzt, indem ich laut und für alle hörbar meine
Pensionshöhe hinausposaunt habe. Und dafür sollte ich mich schämen! Für die
geringe Pensionshöhe? Das auch, aber vor allem, weil das eine Angeberei war.
Nur mir ist es schon wurscht, denn womit soll ich sonst angeben? Mit meinen Sportwägen,
meine Weltreisen und meinem beruflichen Erfolgen kann ich es nicht. Ich geh gleich
in die Kirche Buße tun.
Nun sitze ich beim Heiligen Martin und seinem Gansl, nicht
allzuweit vom gruseligen Heilige-Valentina-Gerippe. Kalt ist es hier, saukalt. Alles
der Andacht abhold. Von Buße und Reue keine Spur. Nur Spott auf den Lippen. Die
Kanzel an der richtigen, der Herzseite, aber alle diese posierenden, verdrehten
Theaterfiguren! Besser ich gehe wieder. Hier habe ich nichts verloren.
Im Osten der Kirche steht eine Rolandsäule – Roland, der
Ritter mit dem blechernen Eierschutz –
angeblich die höchste Prangersäule im deutschsprachigen Raum – da wollten
einige hoch hinaus – vorgesehen für sittenlose Weiber und trunksüchtige Männer
(sittenlos durften die Männer offensichtlich sein). Okay. Okay. Okay .Der Bus
zwängt sich durch die schmale Ortseinfahrt herein. Und dann wieder hinaus.
(7.10./2.11.2022)
©Peter Alois Rumpf Oktober
2022 peteraloisrumpf@gmail.com
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