2949 Das obere Drittel
Ich sitze an der Schloßmauer in der Sonne, vor mir das obere
Drittel der Krone der Trauerweide, die unten im
Burggraben wurzelt, begleitet von ständigem Autoverkehr links über die
Brücke zum Stadttor – schade, dass das keine Zugbrücke ist. Ich huste ins
Sonnenlicht und ich bin zu warm angezogen. Laut T-Shirt – ich habe meinen Hoodie
ausgezogen – bin ich scheinanwesend, was nie ganz falsch ist. Stimmen aus dem uneinsichtigen
Burggraben, und Lachen, vermutlich aus einem Garten auf der anderen Seite des
Grabens – mir nicht ganz geheuer, weil es ins Hämische gegangen sein könnte.
Die Vöglein zwitschern und pfeifen es unter die Dächer, die Autoreifen auf
Asphalt heulen von weitem her. Das Auge sieht fast nur Ruhiges und Unbewegtes,
das Ohr hört Unruhiges, Hektisches und aufgedreht Nervöses: eine nervenaufreibende Diskrepanz. Meine Frau
liegt tief unter der Schießscharte am nackten Schotterboden und hat ihr Haupt
an das steinerne Stadtwappen gebettet (oder ist’s der Doppeladler?). Es ist
wirklich nicht ruhig hier und ich werde nervös: ich sollte mich mit den lokalen
Geistern und Schutzpatronen gut stellen, sonst wird das nichts - wenigstens mit
denen! Die via Autocontainer eingeschleppten (in jeder Höhle lebt ein Geist)
sind schon zu viele und zu unübersichtlich, als dass man sie ablitaneiisieren könnte. Meine Nase ist nicht frei. Es ist
etwas Dumpfes in dieser späten Sonnenwärme auf meiner Haut. Meine Frau zieht
ihre am Arsch mehrfach gestopfte lange Unterhose aus und sitzt in der kurzen schlapprigen,
die das halbe Schamzeugs, für das sich frau nicht schämen muß, herzeigt, auf
der Bank in der Sonne. Nur ich bin es, der nervös wird, weil es draußen etwas
auslösen könnte, das auch für mich unangenehme Folgen haben kann. Göttinseidank
zieht sie sich endlich die lange, rosa Leggins an.
(27.10./2.11.2022)
©Peter Alois Rumpf Oktober
2022 peteraloisrumpf@gmail.com
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