Dienstag, 1. November 2022

2948 Nebel 2

 

Auf der Thaya liegt der Nebel und darüber leuchten schon die dunklen, goldenen Wälder. Die Sonne ist noch nicht heroben; es ist noch die Zeit der Morgenröte. Der Blick kann über die Nebelschwaden weit über die Hochebene gehen, die gar nicht so eben ist, sondern sanft hügelig und von tieferen Tälern durchschnitten. Jetzt beginnt sich der weiße Nebel aus dem Tal zu erheben. Langsam tut er das, in extremer Zeitlupe. Eine Krähe höre ich rufen. Eine sehe ich fliegen. Möglich, ich habe mich getäuscht und der Nebel steht noch nicht auf. Die Heizung gluckert. Es wird heller und heller. Der Himmel ist von unzähligen Kondensstreifen zerkratzt. Eine ganz schwarze Krähe flog ganz nah am Fenster. Jetzt steigt der Nebel und wölbt sich. Ein Schwarm Spatzen saust über das Nebelfeld. Es sind deren einige, die ihr Tagwerk beginnen. Und sie scheinen gut zu wissen, was ansteht und wo sie hin müssen. In meinem Kopf beginnt plötzlich ein Krieg. Ich kann mich aber wieder herausreißen. Der Nebel über der Thaya sackt in sich zusammen. Die Landschaft ist so weit. Ich beginne mich eingesperrt zu fühlen und werde unruhig. Das Sonnenlicht erreicht die ersten laublosen Bäume, und dann die Dachspitze des Hexenhauses und dann die Wälder dort drüben stellenweise. Der blaue Himmel hinter den drei kahlen Linden ist von herzzerreißender Schönheit. Der Nebel ist jetzt weg.

(27.10.2022)

©Peter Alois Rumpf  Oktober 2022   peteraloisrumpf@gmail.com

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