2941 Nichts geht mehr
9:57 a.m. Meine Brust brennt, aber nicht vor Leidenschaft
und Liebe, sondern einer Erkältung wegen. Verschwitzt lehne ich aufgesetzt im
Bett, am Rande eines schmerzhaften Hustenanfalls, der mich immer anfällt, wenn
die prästabilisierte Harmonie erschüttert oder bloß geschüttelt wird. Die
Schnupfenphase (Halsweh – Schnupfen – Husten) ist einigermaßen vorbei, die Nase
rinnt noch, aber abklingend, die Hustenphase dürfte am Höhepunkt sein. Und –
das kenne ich nun schon einige Jahre – mit allen Fiebersymptomen wie glasige
Augen, Gliederschmerzen, Gleichgewichtsunregelmäßigkeiten, tranceartiger
Wahrnehmung – inklusive hochgefahrenem Ohrensurren – Hitzegefühl im Kopf,
Frieren in den Gliedern (und ich meine nicht das Glied, das so genannt wird) –
aber ohne messbares Fieber zu haben. Nicht einmal erhöhte Temperatur (das hat
es früher nicht gegeben! Fieber war Fieber und kein Fieber war kein Fieber!).
Vorsichtig – damit ich das prästabilisierte Gleichgewicht nicht störe – stehe
ich jetzt auf, um aufs Klo zu gehen. Es hilft nichts, kaum habe ich – meinen
vorsichtigen Vorsatz schon wieder vergessen – in einer für die krankhaften
Umstände recht schwungvollen und lebensoptimistischen Anwandlung die Bettdecke
eben schwung- und kraftvoll zurückgeworfen, schon kommt der Hustenanfall, den
ich mit aufs Klo schleppe. Dort, nach einer ersten und durchaus substanziellen
Erleichterung, hält mich eine substanzlose, aber nichtsdestoweniger
schmerzhafte (moderat schmerzhaft) Kolik am Topf fest. Der zuständige Darm
streikt und verweigert den Weitertransport – so bleibt mir nichts anderes über,
als - wie bestellt und nicht abgeholt -
auf dem Klo sitzen zu bleiben; denn wenn ich mich erhebe, fühlt es sich so an,
als würde es doch gleich wieder losgehen. Ich bin ja nicht ohne
Lebenserfahrung, und darum weiß ich, was ich zu tun habe: drücken, aber auch
wieder den Druck lassen und jede Einmischung aufgeben. Aufstehen, Hinsetzen,
Vorbeugen, die Beine hochziehen, mich überhaupt mit den Füßen auf die
Kloschüssel hocken, um die menschheitsgeschichtlich ursprünglichere
Scheißhaltung einzunehmen – aber nichts hilft. Der Drang ist da, aber der ist
steckengeblieben. Nichts geht mehr. Lange bin ich mit dieser Pattsituation
beschäftigt, so sehr, dass ich gar nicht ins Grübeln oder Philosophieren komme
über den Menschen in seiner wem denn und was denn auch ausgelieferten Existenz,
oder über das Schachspiel als Gleichnis etcetera etcetera etcetera. Da erhebt sich
jedoch die Frage: gegen wen habe ich da am Klo gespielt? Doch nicht gegen Freund
Hein!? Und da ein Patt!
(21.10.2022)
©Peter Alois Rumpf
Oktober 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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