2930 Kommod
8:34 a.m. Ich wache auf, die Gedanken und Bilder kreisen und
ich stelle fest: die Krimis arbeiten in mir, fast als wäre ich beteiligt oder
wenigstens Augenzeuge. Das ist allerdings nicht das einzige, was in mir
arbeitet. Noch nie war mir so bewußt, wie sehr mein Leben von unverarbeiteten
Traumta geprägt ist. Manche sind so grundlegend, dass sie alle meine Handlungen
bestimmen. Zum Beispiel ist eingebrannt und abgespeichert, dass ich nichts wert
bin und eigentlich nicht leben dürfte, da nur the Fittest überleben soll.
Das werde ich wohl nicht mehr los. Wir brauchen uns über die Absurdität dieses
Glaubenssatzes gar nicht unterhalten (ich könnte ja sagen: ich habe
überlebt), aber er wirkt und ich kann keine Handlung ohne sein
Hintergrundrauschen und die von ihm intendierte Grundstimmung vollziehen, und
sei es nur eine Zeitung zu kaufen: ich fühle mich gar nicht berechtigt, als
Käufer und freier Bürger aufzutreten (ein Sklave darf nicht für sich und nach
seinen Bedürfnissen einkaufen – außer der Besitzer erlaubt es), ich fühle mich
schuldig, dass ich den Trafikanten mit meiner unwürdigen Anwesenheit beleidige
und mit meinem Anliegen – eine Zeitung zu erwerben – belästige und er sie
nehmen und herausrücken muß – ich ihn also in Betrieb setze. Freilich habe ich
inzwischen gelernt, das zu überspielen – wobei mich mein Eifer dabei leicht
verrät – aber es ist da. Und man kann es nicht wirklich verbergen. Ein jeder
kann das mitbekommen, dass da einer ist, der sich nicht lebensberechtigt fühlt;
sei es aus Menschenkenntnis oder dumpfem Instinkt. Und es sind da draußen
viele, die es nicht erwarten können „aufräumen“ zu dürfen (das sind die ohne
Menschenkenntnis und mit den dumpfen Instinkten). Ich lebe mit einem eingebauten Zünder; eine falsche Bewegung und die nächstgelegen deponierte Bombe geht hoch. Dafür jedoch habe
ich es mir eigentlich recht kommod eingerichtet und bin weit gekommen. Und habe
überlebt.
(13.10.2022)
©Peter Alois Rumpf
Oktober 2022 peteraloisrumpf@gmail.com
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