2925 Scham
10:27 a.m. Ich lockere die verkrampfte linke Hand. Ich bin
so abgelenkt und kann meine Gedanken schwer ordnen, nicht nur, weil ich gerade
erst aufgewacht bin. Langsam finde ich einen Gedankenpfad und komme zum
Entschluss, heute vorm Frühstück zu duschen. Denn ich will jetzt nicht in die
Küche hinunter, weil gerade ein Routinekontrollbesuch abläuft, der meine Frau
als Tagesmutter betrifft. Mein Frau macht das großartig: klar, selbstbewußt und
selbstverständlich beantwortet sie die Fragen und betreut dabei die Kinder und
gibt ihnen das Essen und füttert sie, wo notwendig. Sie weiß, welch wertvolle
Arbeit sie vollbringt. Mich macht die leicht aufgeregte Stimme - das freilich
ist nachvollziehbar, wenn man in die letztlich doch private Sphäre einer
fremden Familie eindringen und Fragen stellen muß und die in fremder Obhut
befindlichen Kinder maßregeln zu müssen glaubt – mich macht also die aufgeregte
Stimme der Dame vom Amt nervös. Das ist das, was meine Gedanken die ganze Zeit
absorbiert. Ich sitze im oberen Stock, bekomme vieles mit, bin aber draußen und
dann doch nicht. Wenn ich unten auftauche - denke ich – würde ich die Aufregung
erhöhen und ich müßte mich gesellschaftsfähig kleiden und dürfte nicht die
bequeme, praktische und private Rumrutschhose anziehen. Und Männer sind immer verdächtig.
Das will ich mir und uns ersparen.
(11.10.2022)
©Peter Alois Rumpf
Oktober 2022
peteraloisrumpf@gmail.com
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