Dienstag, 11. Oktober 2022

2925 Scham

 

10:27 a.m. Ich lockere die verkrampfte linke Hand. Ich bin so abgelenkt und kann meine Gedanken schwer ordnen, nicht nur, weil ich gerade erst aufgewacht bin. Langsam finde ich einen Gedankenpfad und komme zum Entschluss, heute vorm Frühstück zu duschen. Denn ich will jetzt nicht in die Küche hinunter, weil gerade ein Routinekontrollbesuch abläuft, der meine Frau als Tagesmutter betrifft. Mein Frau macht das großartig: klar, selbstbewußt und selbstverständlich beantwortet sie die Fragen und betreut dabei die Kinder und gibt ihnen das Essen und füttert sie, wo notwendig. Sie weiß, welch wertvolle Arbeit sie vollbringt. Mich macht die leicht aufgeregte Stimme - das freilich ist nachvollziehbar, wenn man in die letztlich doch private Sphäre einer fremden Familie eindringen und Fragen stellen muß und die in fremder Obhut befindlichen Kinder maßregeln zu müssen glaubt – mich macht also die aufgeregte Stimme der Dame vom Amt nervös. Das ist das, was meine Gedanken die ganze Zeit absorbiert. Ich sitze im oberen Stock, bekomme vieles mit, bin aber draußen und dann doch nicht. Wenn ich unten auftauche - denke ich – würde ich die Aufregung erhöhen und ich müßte mich gesellschaftsfähig kleiden und dürfte nicht die bequeme, praktische und private Rumrutschhose anziehen. Und Männer sind immer verdächtig. Das will ich mir und uns ersparen.

 

(11.10.2022)

©Peter Alois Rumpf  Oktober 2022   peteraloisrumpf@gmail.com


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